„Besorgniserregend“ nahe an der Pleite

■ Schulden-Lasten bedrücken die die Bremer Theater-GmbH. Das Kulturressort pennt. Wenn nicht bald etwas passiert, droht die Krise, sagt der Rechnungshof. Und macht Vorschläge für 780.000 Mark Einsparungen

Der Rechnungshof hat sich in den vergangenen Monaten das Bremer Theater vorgenommen und überprüft. „Die wirtschaftliche Lage ist besorgniserregend“, stellte der Präsident des Rechnungshofes, Lothar Spielhoff, gestern auf einer Pressekonferenz klar. Und der Bericht deutet an, dass das Kulturressort, das die Zuschüsse für das Theater gibt, nicht ganz im Bilde ist, obwohl es über den Aufsichtsrat auch die Kontrolle über die 100-propzentige Tochter der Stadt haben sollte. Aber: „Das Kulturressort hat die Verpflichtung, die zweckentsprechende Verwendung der bewilligten Mittel zu prüfen, seit der Spielzeit 1994/95 nicht mehr erfüllt“, heißt es jetzt in dem Bericht des Rechnungshofes.

Dabei hat das Verhalten des Ressorts auch zur Lage der Theater-GmbH beigetragen. 1995 war die Theater-GmbH schon einmal fast konkurs gegangen. Damals hatte das Ressort einen „Zuschuss“ bewilligt, aber nie ausgezahlt. Das Geld musste sich das Theater dannbei der Bank holen – und zahlt seitdem dafür kräftig Zinsen.

Das Hauptproblem des Theaters sind die Kosten durch den Bau der Probebühne. Vier Millionen Mark waren geplant, die aber in zehn Jahre wieder „erwirtschaftet“ werden sollten, dadurch, dass das Theater 400.000 Mark pro Jahr Kosten für die alte, gemietete Probebühne spart. In Wahrheit kostete die Probebühne aber 11,65 Millionen Mark. Das Theater nahm Millionen-Kredite auf – und kann die Zinsen dafür nicht zahlen. Wenn nicht bald etwas passiert, müsse die Stadt die Schulden übernehmen – „oder eine Sparte aufgegeben werden“.

Der Rechnungshof sieht diverse Möglichkeiten, wie das Theater mehr einnehmen oder sparen könnte. Zum Beispiel die „ungerechtfertigt großzügige“ Regelung der Freikarten – über 13.000 in der Saison. Wenn auch nur die Hälfte der Freikarten-Nutznießer ihre Tickets kaufen würden, kämen pro Saison 294.000 Mark in die Kasse.

Schwerbehinderte bekommen unabhängig von ihrer Vermögenslage 50 Prozent Ermäßigung auf die Karte. Bei den Abonnements belegen die Schwerbehinderten mit ihren reduzierten Karten aber überdurchschnittlich gute Plätze. „Dieses Kaufverhalten lässt den Schluss zu, dass für die Gruppe der Ermäßigten-Abonnenten soziale Gründe für die Ermäßigung nur teilweise vorhanden sind.“ Der Rechnungshof empfiehlt, die Ermäßigung an das Kriterium der Sozialhilfe zu binden. So werde auch in anderen Theatern der Republik verfahren. Wenn die besten und teuersten Plätze zudem für Vollzahler reserviert würden, könnten Mehreinnahmen von bald 100.000 Mark erwirtschaftet werden.

Eine Absurdität besondere Art ist die Rabatt-Regelung mit dem Theater-Ring: Wer aus Syke beim Theaterring telefonisch seine Karte bestellt, bekommt sie 14 Prozent preiswerter als der Bremer, der brav zur Theaterkasse rennt. „Unhaltbar“ findet das der Rechnungshof.

Und dann gibt es noch Geschichten wie die mit den Fahrkarten. Wer in Bus oder Bahn der VBN eine Theaterkarte vorzeigt, kann damit kostenfrei zur Aufführung fahren. Dafür bezahlt das Theater an die VBN 234.000 Mark in der Spielzeit. Wenn man realistisch rechnet, wie viele mit der Theaterkarte wirklich fahren, kommt heraus: Das Theater zahlt dem VBN DM 6,88 für jede stattfindende Hin- und Rückfahrt. Da die VBN mit den Theaterkarten weniger Aufwand hat als mit Monatskarten, wäre kein Preis über DM 1,36 angemessen.

In der Summe könnten die ganzen Vorschläge ein Plus von 780.000 Mark pro Spielzeit für die Kasse des Theaters bringen. Das Theater hat Interesse an diesen Anregungen und will sie aufgreifen, heißt es im Bericht des Rechnungshofes. Ähnliches steht da über das Kulturressort nicht. Sondern nur: Seit 1990 ist das Kulturressort seiner Verpflichtung, die Finanz- und Vermögenslage der Theater-GmbH zu überprüfen und über die Ergebnisse dem Rechnungshof zu berichten, nicht mehr nachgekommen.

Klaus Wolschner