Nu isser endlich oben

■ Europäischer Umweltsatellit ENVISAT trägt Bremer Messinstrument ins Weltall

Envisat ist im All: Nach zehn Jahren Entwicklungszeit und Kosten von 2,3 Milliarden Euro hat „Ariane  5“ den Umweltsatelliten in der Nacht zu gestern ins All gebracht.

Wissenschaft und Wirtschaft in Bremen sind an dem Großprojekt unmittelbar beteiligt. Fragen wie „Wie entwickelt sich die Ozonschicht in den nächsten 20 Jahren? Und wie hängen Luftverschmutzung, globale Erwärmung und Beschädigung der Ozonschicht zusammen?“ versuchen Umweltphysiker der Bremer Universität mit zu beantworten. Dafür haben sie das Messinstrument SCIAMACHY entwickelt. Einen Teil von dessen „Gehirn“ hat die Firma OHB-Systems gebaut. Insgesamt „reisen“ auf Envisat zehn Messinstrumente aus ganz Europa mit. Mit ihnen wollen die Wissenschaftler die globalen Zusammenhänge besser durchschauen.

Das Bremer Instrument soll Daten über Treibhausgase, Aerosole und Wolken in unterschiedlichen Höhen der Atmosphäre liefern. Es kann mit seinen Messmethoden auch die Verschmutzung in der untersten Atmosphärenschicht ermitteln. John Burrows, wissenschaftlicher Leiter des Projekts, erklärt: „Kohlendioxid zu messen ist nicht das Problem. Genau genug zu messen und zu wissen, woher das Kohlendioxid kommt, das ist das Entscheidende.“

Bis zur ersten Datenlieferung werden aber noch Monate vergehen: Nachdem sich in der Startnacht das Sonnensegel entfaltet hat, und damit die Stromversorgung des Satelliten gesichert ist, werden innerhalb der nächsten zehn Tage die Instrumente ihre Probeläufe absolvieren. Nach deren anschließender Feineinstellung rechnen die Umweltphysiker im Spätsommer mit ersten auswertbaren Daten. Mit der Datenflut haben die Erdbeobachter dann das nächste Problem: Ihnen fehlt der wissenschaftliche Nachwuchs, um alle Messergebnisse auswerten zu können.

Aber erst einmal sind alle erleichtert: „Wenn das vergangene Nacht nicht geklappt hätte, wäre die Arbeit von hunderten von Mitarbeitern und von vielen Jahren zunichte gewesen“, sagt Ulrich Schumann vom Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen.

Envisat soll mindestens fünf Jahre lang die Erde umrunden. Dabei saust er in 100 Minuten einmal rund um den blauen Planeten. Die Messmöglichkeiten auf Envisat können auch insofern richtungsweisend sein, als Wissenschaftler damit demnächst die Einhaltung des Kyoto-Protokolls überwachen könnten, erklärte John Burrows den sehr praktischen und auch für Laien nachvollziehbaren Nutzen dieses wissenschaftlichen Projekts.

Ulrike Bendrat