„Das war eine bewusste Entscheidung“

Die PDS zieht mit einer 26-Jährigen in den Bundestagswahlkampf. Sandra Brunner setzt auf Jugend und Neuanfang

taz: Die PDS-Mitglieder sind zu zwei Dritteln über 65 Jahre alt, der Rest ist sehr jung. Führt das zu einem innerparteilichen Generationenkonflikt?

Sandra Brunner: Nein, das führt nicht zu Spannungen. Viele von den älteren Mitgliedern waren ihr Leben lang politisch aktiv. Sie wissen, dass sie auch Fehler gemacht haben, gerade weil viele aus der SED kommen. Und die sagen sich jetzt, die Jungen sollen es besser machen.

Viele der neuen jungen PDS-Mitglieder kommen aus dem Westteil der Stadt und bringen ganz andere Erwartungen an die Partei mit. Weg von der Ex-SED-Kader-Partei hin zur neuen politischen Links-Alternative.

Deshalb gibt es eher kulturelle Unterschiede als Generationenkonflikte. Zum Teil auch weil die Westlinke andere Traditionen hat als die PDS, deren Wurzeln natürlich im Osten liegen.

Es scheint, als ob in der PDS die Treppe nach oben für die Jungen weitgehend frei ist?

Also es hat jetzt immerhin auch zehn Jahre gedauert, bis mir der Wunsch nach meiner Direktkandidatur angetragen wurde. Es erregt natürlich große Aufmerksamkeit, wenn eine Partei eine 26-jährige Studentin gegen gestandene Politiker ins Rennen schickt. Ich hoffe aber, dass ich Politik wieder etwas glaubwürdiger gestalten kann.

Sie werden voraussichtlich in einem der spannendsten Berliner Wahlkreise, nämlich Pankow, antreten. Ihre Konkurrenten sind Wolfgang Thierse für die SPD, Günther Nooke für die CDU und wahrscheinlich Werner Schulz für die Grünen. Wie schlägt sich da eine junge PDS-Frau?

2001 haben wir in Prenzlauer Berg, Weißensee und Pankow alle Direktmandate gewonnen. Wir lagen gegenüber den anderen Parteien deutlich mit den Erststimmen vorn. Das ist eine gute Ausgangslage, von der ich denke, dass sie für den Wahlkreis 77 ausbaubar ist. Und was die Konkurrenz angeht: Natürlich sind das zwar gestandene Politiker, aber das macht die Sache nicht zwingend besser. Rot-Grün ist uns den Politikwechsel schuldig geblieben. Den gilt es jetzt einzufordern.

Was wird der Schwerpunkt Ihres Wahlkampfes sein?

Für mich als frühere Schüler- und StudentInnensprecherin wird Bildungspolitik das Thema sein. Die Frage nach der Bildungsberechtigung. Die Pisa-Studie hat uns gezeigt, das Bildungswege ganz massiv von der sozialen Herkunft bestimmt werden. Da will ich einhaken. Auch beim Thema Abwanderung von Jugendlichen aus dem Osten und die zurückbleibenden dequalifizierten Regionen.

Müssen Sie jetzt dafür herhalten, dass sich die PDS „jung, weiblich, kompetent“ präsentieren will?

An meinem Alter und Geschlecht kann ich schließlich kaum etwas ändern. Jedenfalls stimmt es, dass es eine sehr bewusste Entscheidung war, jemand Junges in Pankow zu nominieren. Jemand, der für einen Generationenwechsel, einen Politikwechsel steht. Ich bin der festen Überzeugung, dass ich es dort packen werde.INTERVIEW:
ADRIENNE WOLTERSDORF