neriman polat: „ohne titel“, fotografie auf fotokarton, 1996

Ein junges Mädchen schaut unbeteiligt nach rechts und links. Schatten liegen auf seiner rechten Gesichtshälfte. Es trägt einen hochgeschlossenen Rollkragenpulli, der ihm Schutz gibt und seinen trotzig-traurigen Blick noch zu betonen scheint. Mit der Fotografie der türkischen Künstlerin Neriman Polat haben wir eine ungewöhnliche Porträtaufnahme einer ihrer Schülerinnen vor uns, die uns nicht zwei unterschiedliche Eindrücke von sich zu geben bereit ist. Polat arbeitet seit ca. zehn Jahren mit dem Medium der Fotografie. Sie platziert ihre Protagonisten vor einer neutralen Wand. Mit möglichst wenig Regieanweisungen – „nach rechts, nach links, geradeaus schauen“ – erzeugt sie gerade in Kindergesichtern oft den Ausdruck von Ausgeliefertsein und gleichzeitigem In-sich-Ruhen. Neriman Polat lebt in Istanbul. SK

FOTO: NERIMAN POLAT, AUS ISKORPIT – AKTUELLE KUNST AUS ISTANBUL, AUSSTELLUNGSKATALOG HAUS DER KULTUREN DER WELT, 1998