Neuer Zoff ums SEZ

Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer (PDS) wehrt sich gegen Pläne von Sportsenator Böger. Der kalkuliert den Abriss des Großbades mit ein, bevor das erste Übernahmeangebot vorliegt

von STEFAN ALBERTI

Kurz vor der morgigen Entscheidung über Schwimmbadschließungen regt sich Widerstand gegen Pläne von Sportsenator Klaus Böger (SPD) für das ehemalige DDR-Vorzeigebad SEZ an der Landsberger Allee. Cornelia Reinauer (PDS), Bürgermeristerin von Friedrichshain-Kreuzberg, mag nicht akzeptieren, dass Böger den Komplex gedanklich bereits einebnet. „Ich rede doch nicht über Abriss, bevor mir das erste Angebot vorliegt“, sagte Reinauer. Der Aufsichtrat der Berliner Bäderbetriebe beschließt morgen über eine Streichliste mit elf weiteren Bädern.

Böger hatte zuvor geäußert, ein zukünftiger Investor müsse das SEZ – Kurzform für Sport- und Erholungszentrum – auch abreißen dürfen, wenn nur dadurch eine Privatisierung möglich wird. Reinauer hielt dem unter anderem den hohen Symbolwert des Bades für die Oststadtteile entgegen. Der Bezirk werde alles tun, um das SEZ zu erhalten.

SPD und PDS hatten in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, dass das Großbad ab Jahresende keine Zuschüsse mehr bekommt und in private Hand gehen soll. Derzeit fließen jährlich rund 4,5 Millionen Euro in das 1981 eingeweihte Bad, zu dem Bowlingbahn, Sporthalle, Fitnesscenter und Gaststätten gehören.

Der Aufsichtsrat der Berliner Bäderbetriebe hatte diesem Koalitionsbeschluss bereits im vergangenen Monat zugestimmt – gegen die Stimme von Franz Schulz, dem grünen Baustadtrat des Bezirks. Er wendet sich nicht gegen die Privatisierung, sondern gegen den Zeitplan: Für „hanebüchen“ hält er die Vorgabe, bereits bis Jahresende zu privatisieren – erst Ende März soll die europaweite Ausschreibung fertig sein, die notwendige Basis eines Übernahmeangebots. Schulz hält es daher für möglich, dass noch Gespräche mit Investoren im Gange sind, wenn das Bad mangels Zuschüssen zum Jahresende schließen muss. Nach Ansicht von Schulz müssten die Zuschüsse bis Herbst 2003 fließen.

Kritik rufen auch die Pläne des Sportsenators für die derzeit etwa 130 Beschäftigten des SEZ hervor. Laut Böger soll ein Investor das Personal nicht übernehmen müssen, wenn der Kündigungsschutz 2004 endet. Die PDS-Chefin des Nachbarbezirks Lichtenberg, Gesine Lötzsch, mag das nicht hinnehmen: Ihre Partei werde sich gegen Entlassungen wenden, kündigte Lötzsch an. Voraussetzung dafür sei aber ein Solidarpakt mit den Gewerkschaften.

Das SEZ brauchte laut Baustadtrat Schulz 40 Millionen Mark für eine Sanierung. Ein Verkauf an Private war in den letzten Jahren mehrfach in der Diskussion. Zuletzt wollte 1998 die damalige Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) privatisieren und hatte auch schon einen neuen Betreiber ausgeguckt. Doch das Bad kam unter das Dach der Bäderbetriebe als stadtnaher Einrichtung. Fugmann-Heesings Parteifreundin, Sportsenatorin Ingrid Stahmer, setzte sich mit der Begründung durch, dass die Stadt sonst SEZ-Beschäftigte übernehmen müsste, die nicht zum privaten Betreiber wechseln wollten.