KOMMUNALWAHL IN BAYERN: BÜRGERMEISTER SIND KEINE BUNDESKANZLER
: Kandidat Stoiber hat nicht verloren

Schön, dass die Führungsspitzen beider großen Parteien – nach einigem Zögern – mit dem Ergebnis der bayerischen Kommunalwahlen gleichermaßen zufrieden sind. Es ist nett, wenn jemand sich freut, obwohl dazu kein Anlass besteht. Gerhard Schröder hat trotz der CSU-Verluste in den großen Städten die Bundestagswahl noch nicht gewonnen – und Edmund Stoiber hat sie nicht verloren. Bayern hat seine Bürgermeister und Gemeinderäte gewählt. Mehr ist nicht passiert.

Bei Kommunalwahlen wissen die Leute besonders gut, woran sie sind. Viele Wählerinnen und Wähler kennen den Bürgermeister ihrer Ortschaft persönlich, die Gemeinderäte treffen sie auf dem Elternabend und im Sportverein. Das Urteil, das an den Urnen gefällt wird, beruht auf eigener Anschauung. Kurzfristig angereiste Bundesprominenz kann daran mit kämpferischen Reden im Allgemeinen nur wenig ändern. Gott sei Dank.

Entscheiden zu können, wer die Angelegenheiten des unmittelbaren Lebensumfeldes regeln soll, ist ein ebenso wichtiger Bestandteil der Demokratie wie das Recht, ein Bundesparlament zu wählen. Eine Kommunalwahl hat nur dann bundespolitische Signalwirkung, wenn die Gesellschaft in einer Frage so tief gespalten ist, dass die Bevölkerung jede sich überhaupt nur bietende Gelegenheit nutzt, um dazu ihr Votum abzugeben. Davon kann derzeit offenkundig keine Rede sein.

Die bisher vorliegenden Ergebnisse der Kommunalwahlen sind unspektakulär – paradoxerweise ist gerade das allerdings durchaus bemerkenswert. War nicht vorhergesagt worden, die Kanzlerkandidatur von Edmund Stoiber werde das Land polarisieren und zur Mobilisierung der jeweiligen Stammwählerschaft führen? Bisher jedenfalls trifft das nicht zu. Rund 40 Prozent der Wahlberechtigten fanden angesichts des schönen Wetters gar nicht erst den Weg ins Wahllokal. Auf kommunaler Ebene spricht das nicht für Politikverdrossenheit, sondern für eine gelassene, eher zufriedene Stimmungslage. Die Bevölkerung zeigt weniger Aufregung, als es sich die politische Klasse – parteiübergreifend – wünscht. BETTINA GAUS