Bayern ist Bayern ist Bayern

Wie Regierung und Opposition in Berlin die Ergebnisse der Kommunalwahlen im Stoiber-Land deuten

BERLIN taz ■ Angela Merkel sprach den Satz des Tages. „Eine Kommunalwahl ist das, was sie ist“, sagte die CDU-Vorsitzende. Holla! Das saß.

Mal vorausgesetzt, der Satz stimmt, und eine Kommunalwahl ist nichts als eine Kommunalwahl – warum spricht Angela Merkel dann Worte von solch erhabener Schlichtheit? Eben. Weil Politiker und Journalisten sich angewöhnt haben, noch jede Wahl, und sei es die des Gemeinderates in Tuntenhausen, zu einer Angelegenheit von nationaler Bedeutung aufzublasen. Je nachdem, welche Partei in Tuntenhausen gerade verliert, erklärt sie Tuntenhausen zu einem interessanten, aber selbstverständlich ganz kleinen Ort, bei dem doch, bitte schön, die Regel gilt, dass eine Gemeinderatswahl das ist, was sie ist.

Da fängt das Problem mit Bayern schon an. Es ist interessant, aber alles andere als klein oder gar unwichtig. Mehr noch, es ist das Land, in dem der große Edmund Stoiber regiert und mit ihm die große CSU, die jedes Spiel in Bayern als Heimspiel zu betrachten pflegt. So gesehen ist Bayern das absolute Gegenteil von Tuntenhausen – es ist fast schon die ganze Welt. Da gerät jede Kommunalwahl und erst recht diejenige sechs Monate vor einer Bundestagswahl, zu CSU-Festspielen zu Ehren des Herrn Ministerpräsidenten. Es sei denn, die CSU verl…

So weit wollen wir mal nicht gehen. „Ich empfehle jedem, das Endergebnis abzuwarten“, sagte Angela Merkel Montagmittag, um zwei Sekunden später das Endergebnis mitzuteilen. „Die CSU wird bei den Kommunalwahlen landesweit gut abschneiden, auch wenn nicht in jeder Stadt die Erwartungen erfüllt wurden.“ So geht man mit kleinen Schlappen in München, Fürth oder Nürnberg um. Ansonsten gilt: „Egal ob es für uns gut oder schlecht ist – das Ergebnis von Bayern hat keine Bedeutung für die Bundestagswahlen“, so Merkel.

Zu den interessanteren Lesarten eines solchen Kommunalwahlergebnisses gehört die unterdrückte Freude. Die zeigten gestern SPD und Grüne. Für sie war die Niederlage der CSU und damit des Herausforderers von Gerhard Schröder in den großen bayerischen Städten so offensichtlich, dass sie sich mit süffisanten Bemerkungen zurückhielten. Der knorrige Franz Müntefering sagte nur: „Die Ergebnisse von Bayern machen unsere Gesichter besonders fröhlich.“ Ansonsten gab auch der SPD-Generalsekretär eine Variation des Klassikers „Eine Kommunalwahl ist eine Kommunalwahl“: „Das sind Erfolge der Personen vor Ort“, so Müntefering. Man würde zu weit gehen, wenn man glaubte, darin Auswirkungen für die Bundestagswahlen erkennen zu können. Nur der grüne Parteichef Fritz Kuhn wollte sich wenigstens München zum Vorbild nehmen: „Wo Stoiber angreift“, sagte er, „gewinnt Rot-Grün.“ Aber Tuntenhausen ist bekanntlich nicht überall. Und Bayern erst recht nicht. JENS KÖNIG