„Wir gehen Klinken putzen“

■ Das Arbeitsamt geht in die Offensive: Seit Januar gehen 20 der insgesamt 78 Arbeitsvermittler gezielt auf Stellensuche in die Betriebe. Die sind erfreut

Udo Dalhoff (44) war unter anderem Möbelpacker, Taxifahrer und zuletzt Geschäftsführer einer Spedition. Seit Januar klappert er im Rahmen der „Vermittlungs-Offensive“ des Arbeitsamtes Bremer Betriebe ab – auf der Suche nach Jobs für andere.

taz: Was macht ein „offensiver“ Vermittler?

Udo Dalhoff: Wir gehen raus in die Betriebe, stellen uns dort als Ansprechpartner vor und versuchen einen direkten Draht zum Arbeitgeber herzustellen. Und dann sagen wir: Wenn es offene Stellen gibt, nehmen wir die gerne mit.

Was unterscheidet ihre Tätigkeit von der Arbeit der „normalen“ Vermittler im Arbeitsamt?

Wir sind weitgehend von den ganzen administrativen Arbeiten der anderen Vermittler befreit. Außerdem haben wir nicht einfach 800 Arbeitssuchende mit den Buchstaben A bis M, um die wir uns kümmern müssen, sondern wir sind hauptsächlich für die Stellenakquise da. Wir arbeiten stellenorientiert, nicht bewerberorientiert. Die von uns akquirierten Stellen versuchen wir dann möglichst pass-genau zu besetzen.

Zum Beispiel?

Da erzählt mir etwa Malermeis-ter Hempel, dass er einen Anstreicher und Lackierer sucht, der das und das können muss. Dann such' ich mir unter allen 35.000 in Bremen gemeldeten Arbeitslosen einen geeigneten Bewerber raus, ruf' den an und frage: „Sagen sie, Herr Maier, können Sie sich das vorstellen? Hätten Sie da Lust zu?“ Wenn der ja sagt, dann schick ich ihm einen Vermittlungsvorschlag zu und sag ihm, er soll sich dort bewerben. Oder er kommt zuerst zu uns, dann reden wir nochmal über den Job und sprechen über die Bewerbung.

Im Gegensatz zu den Vermittlern im Arbeitsamt, die ihren fes-ten Stamm von Bewerbern haben, um die sie sich kümmern müssen, haben sie also Zugriff auf den gesamten Bewerberpool.

Ja, auf alle 35.000.

Wie viel ihrer Arbeitszeit verbringen sie „draußen“?

Etwa 60 Prozent. Wir gehen wirklich Klinken putzen, Straße für Straße, rufen auch nicht vorher an. Wir gehen einfach rein in die Betriebe. Wenn die Arbeitgeber dann keine Zeit haben, kann man immer noch einen Termin ausmachen.

Und die „normalen“ Vermittler – gehen die nicht raus?

Nein, das kommt praktisch nicht vor. Dafür haben die kaum Zeit.

Muss man freie Stellen wirklich suchen?

Zum Teil melden sich die Arbeitgeber auch selbst. Aber nach unserer Erfahrung ist es so, dass oft Bedarf nach persönlichen Kontakten zum Arbeitsamt besteht: Die freuen sich, wenn wir kommen. Man muss natürlich auch sagen, dass da schon manchmal auch ein bisschen Überredungsarbeit dahinter steckt. Die Arbeitgeber sind manchmal ein bisschen vorsichtig, wollen erst die wirtschaftliche Entwicklung abwarten. Wir müssen dann darauf einwirken, dass der eine oder andere Bewerber trotzdem eingestellt wird, weil sich die Zeiten ja auch wieder ändern – selbst wenn es gerade einen kurzen Abschwung gibt.

Sie waren zuletzt als Kaufmann tätig. Vermitteln Sie jetzt nur Stellen in diesem Bereich?

Nein, wir vermitteln querbeet. Natürlich spezialisieren sich die Kollegen da und dort. Wir kommen ja alle aus unterschiedlichen Branchen. Ich weiß also schon, wen ich fragen muss, wenn ich mich in einem Beruf nicht so ganz auskenne.

Was sagen die Arbeitgeber dazu, dass ihnen das Arbeitsamt jetzt die Vermittler ins Haus schickt?

In 95 Prozent der Fälle wird das begrüßt. Oft sind die Leute ein wenig erstaunt. Viele Arbeitgeber haben mit dem Arbeitsamt bereits schlechte Erfahrungen gemacht. Indem wir aber direkt in die Betriebe gehen, kennen die uns jetzt. Sie haben feste Ansprechpartner. Das war vorher aufgrund der hohen Belastung der Vermittler nur eingeschränkt möglich und erleichtert vieles.

Wie groß ist der Erfolg ihrer Tätigkeit?

Das kann man so nicht messen. Eigentlich ist schon jedes Gespräch mit dem Arbeitgeber ein Erfolg, wenn man sich angelächelt und die Hand geschüttelt hat. Wenn ein Elektrobetrieb im Februar keine Leute braucht, dann vielleicht im März oder April. Und dann kommt der wieder auf uns zu.

Ist ihre Art der Stellenvermittlung ein Vorbild?

Auf jeden Fall muss da mehr Kontakt zu den Arbeitgebern sein. Ich als Arbeitsvermittler muss doch wissen, was die eigentlich für Leute brauchen. Fragen: Armin Simon