Menschenrechte auch im Krieg

US-Außenministerium veröffentlicht Jahresbericht zur Menschenrechtslage weltweit. Kritik an Freunden und Feinden der USA. Powell: „Aktive Unterstützung der Menschenrechte muss ein integraler Bestandteil amerikanischer Außenpolitik sein“

von BERND PICKERT

Das mit den USA eng verbundene Saudi-Arabien ist zutiefst undemokratisch, seine Sicherheitskräfte foltern, Menschen werden ohne Anklage in Isolationshaft gehalten, Presse- Meinungs-, Religions- und Versammlungsfreiheit sind unterdrückt. In der mit den USA verbundenen Türkei ist weiter Folter an der Tagesordnung. Das mit den USA verbundene Pakistan verweigert seinen Bürgern eine ganze Anzahl demokratischer Grundrechte, seine Polizeikräfte misshandeln und vergewaltigen Gefangene. Im mit den USA verbundenen Usbekistan sind Oppositionsparteien verboten, etliche Bürger sind in Polizeihaft ums Leben gekommen, willkürliche Verhaftungen sind keine Seltenheit.

All das geht aus dem am Montag veröffentlichten jährlichen Menschenrechtsbericht des US-Außenministeriums hervor. Der Report an den US-Kongress, der seit 26 Jahren zu Anfang jedes Jahres fertig gestellt wird, umfasst rund 190 Länderberichte. In immer gleicher Gliederung beschreibt der Bericht aufgrund der Auswertung öffentlich zugänglicher Quellen, eigener Einschätzungen der US-Vertretungen und Dienste und den Publikationen lokaler wie internationaler Menschenrechtsgruppen und -organisationen die Verfasstheit der Staaten und die Lage der Menschenrechte anhand der wesentlichen international festgelegten Kriterien.

Schon die Einführung in den diesjährigen Bericht, erstmals verfasst vom neuen, unter der Bush-Administration ernannten Leiter des „Büros für Demokratie, Menschenrechte und Arbeit“ beim Außenministerium, Lorne W. Craner, macht deutlich, worum es der Regierung in diesem Jahr geht: „Für die Vereinigten Staaten, ja für die ganze Welt, war 2001 ein Jahr, in dem die Bedeutung universeller Menschenrechte durch den internationalen Terrorismus scharf ins Bewusstsein gerückt wurde. Am 11. September 2001 hat sich die Welt verändert.“ Die Vertreibung des Taliban-Regimes in Afghanistan sei der „Triumph für die Menschenrechte im Jahr 2001“ – und es gebe noch viel zu tun. So verwundert es nicht, dass die Länderberichte zu den von Präsident Bush gebrandmarkten Ländern der so genannten „Achse des Bösen“, Iran, Irak und Nordkorea, noch etwas harscher ausfallen als in den vergangenen Jahren.

Zwar berufen sich zahlreiche Länderberichte des State Departments auch auf die Arbeit von Human Rights Watch oder amnesty international, doch die Organisationen selbst bleiben skeptisch. Karen Bagge von amnesty international sieht „zweierlei Maß“ angelegt bei Ländern, die aktuell zu den Verbündeten der USA zählen, und ihren erklärten Gegnern. Da fiele die Kritik dann weniger harsch aus, die Berichte läsen sich wie weichgespült, sagte sie der taz. Davon geht auch Alex Arriaga von der US-Sektion von amnesty international aus, ergänzt aber gegenüber der New York Times: „Wichtiger ist jedoch, dass die Berichte über die Menschenrechtslage völlig von der aktuellen US-amerikanischen Außenpolitik abgekoppelt sind.“

Da wäre etwa das israelische Vorgehen gegenüber den Palästinensern, zu dem die Bush-Regierung im Tagesgeschäft kaum ein kritisches Wort findet. Es wird im Bericht ausdrücklich als in Teilen menschenrechtsverletzend bezeichnet – etwa der Einsatz scharfer Waffen gegen Demonstrationen.

Die recht heftige Kritik an gut befreundeten Staaten irritierte bei der Vorstellung des Berichtes auch die Washingtoner Presse. Immerhin sagte US-Außenminister Colin Powell: „Aktive Unterstützung der Menschenrechte muss ein integraler Bestandteil amerikanischer Außenpolitik sein.“ Als die Journalisten jedoch bei Abteilungschef Cramer immer wieder nachfragten, welche Konsequenzen denn Einschätzungen wie die über Saudi-Arabien oder Usbekistan nun in der Praxis der US-Außenpolitik diesen Ländern gegenüber hätten, stießen sie auf ausweichende Antworten.

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