Neid ist kein juristischer Grund

Bund und Länder streiten vorm Bundesverfassungsgericht um 50 Milliarden Euro: Die Bundesländer wollen die Hälfte der UMTS-Verkausferlöse. Gute Argumente haben sie nicht. „Nicht richtig finden“ reicht nicht, sagt Richterin Jutta Limbach

aus Karlsruhe CHRISTIAN RATH

Je größer die Summe, desto waghalsiger die Argumente. Gestern ging es vor dem Bundesverfassungsgericht immerhin um 50 Milliarden Euro, die der Bund bei der Versteigerung der UMTS-Mobilfunk-Lizenzen eingenommen hatte. Die Länder wollen gerne die Hälfte davon abhaben, konnten das Gericht aber wohl nicht überzeugen.

Im August 2000 wurden erstmals in Deutschland Mobilfunklizenzen versteigert. Für damals 99 Milliarden Mark kauften sechs Bieter die Frequenzen. Das Geld floss an den Bund, der es vollständig zur Schuldentilgung verwandte. Nur die dadurch eingesparten Zinsen, rund 2,1 Mrd. Euro pro Jahr, werden für „Zukunftsinvestitionen“ in Verkehr, Bildung und Altbausanierung ausgegeben. Nach der unerwartet erfolgreichen Versteigerung erhoben plötzlich auch die Länder Ansprüche.

Hessen, Bayern und Baden-Württemberg klagten sogar vor dem Bundesverfassungsgericht – „stellvertretend für alle Länder“, wie der Stuttgarter Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) gestern betonte. „Es kann nicht richtig sein, dass der Bund über die 50 Milliarden Euro allein verfügt“, so Stratthaus, „während Länder und Gemeinden den Großteil der Steuerausfälle zu tragen haben.“ Doch wer in Karlsruhe Erfolg haben will, muss juristisch argumentieren. „Es genügt nicht, dass Sie das Ergebnis ‚nicht richtig‘ finden“, belehrte Präsidentin Jutta Limbach die Länder, „wir brauchen eine verfassungsrechtliche Grundlage, warum das Ergebnis gegen das Grundgesetz verstößt.“

Die Länder gehen deshalb von einem „ungeschriebenen Verfassungssatz“ aus, dass sie an derartigen Versteigerungserlösen wie bei der Körperschaftssteuer „hälftig“ zu beteiligen sind. Schließlich seien die Lizenzkosten eine Art vorweggenommene Besteuerung. Ulrich Häde, der Rechtsvertreter der Bundesregierung, erinnerte die Länder jedoch daran, dass sie vor der Versteigerung noch keine Einwände hatten. „Es kann ja wohl nicht sein, dass sich die Zuordnung des Geldes mit der Höhe der Erlöse ändert“, argumentierte Häde.

Auch wenn das Grundgesetz keine ausdrückliche Regelung für Versteigerungserlöse kennt, kann der Bund sich immerhin auf den alten Rechtssatz berufen, dass derjenige die Erlöse aus einer Sache bekommt, der sie verwaltet. Und da der Bund für die Vergabe von Mobilfunklizenzen zuständig ist, stünden ihm auch die 50 Milliarden Euro aus der Versteigerung zu, betonte gestern Finanzstaatssekretärin Barbara Hendricks (SPD). „Diese Regel gilt zwar für das Eintrittsgeld im Schwimmbad oder im Museum, aber nicht bei Einnahmen dieser Größenordnung“, protestierte Stefan Korioth, der Rechtsvertreter der Länder, „vor allem wenn der Bund fast keine Gegenleistung erbringt.“

Die Verfassungsrichter waren von den Argumenten der Länderseite aber wenig beeindruckt. „Wir haben nun mal Rechtsregeln, damit wir nicht einfach seiltänzerisch etwas erfinden“, präzisierte Jutta Limbach ihre Skepsis. Das Urteil wird in einigen Monaten verkündet.