Soul Partnership

Geschlechterkampf war gestern, sagt sie: Die R'n'B-Sängerin Angie Stone setzt vielmehr auf Gemeinsamkeiten – am Freitag im Grünspan  ■ Von Ulrich Seiter

Traditionsbewusstsein hat etwas Rettendes: Wenn eine Musik ihre Herkunft nicht verrät, kann sie immer wieder zu ihr zurückkehren. So bleibt der Gospelchor einer örtlichen Kirche der Sozialisationsort für klassische Soul-MusikerInnen. Angie Stone pries als Kind den Herrn mit den Baptisten in Columbia, South Carolina. Aber schon bald tauschte sie „Oh Lord“ gegen „Oh Baby“, um ihrem Idealtypus der starken schwarzen Frau, Aretha Franklin, näherzukommen. Ehe Angie Stone sich auf die Spuren der Soul-Ikone begab, rappte sie sich in den 80ern mit ihrer Gruppe The Sequence durch New Yorks HipHop-Szene. Danach spielte sie Saxophon in der Band von Lenny Kravitz, schrieb Songs für Mary J. Blige oder duettierte mit Prince.

Von der New York Times als „New Soul Queen“ in den Adelsstand gehoben, gelang der gereiften Sängerin und Songwriterin 1999 mit ihrem Debüt Black Diamond der große kommerzielle Wurf – einem Album, das tief in ihrem Glauben und der schwarzen Musiktradition gründet. Angie Stone blickt zurück: „Die Musikindustrie war lange Jahre nicht für den Soul bereit. Der Markt lief den Trends hinterher. Jeder orientierte sich nur daran, was gerade gut lief und was sich am besten kopieren ließ. Irgendwann gingen den Plattenfirmen die Hypes aus. Da wurde klar, dass es an der Zeit war, zu einer Musik zurückzukehren, die Tiefe hat.“

Dem von Klonen beherrschten Hochglanz-Genre begegnen alternative Soul-Frauen wie Erykah Baduh, Jill Scott oder Angie Stone mit Selbstbewusstsein statt Anpassungsdruck, mit Gefühl und Kontrolle statt Besitz und Implantat. Dazu gehört auch die thematische Reife. Eine Abkehr vom Geschlechterkampf fordert „Brotha“, Stones erste Singleauskopplung ihres aktuellen Albums Mahogany Soul. Die Ode an alle Brüder und Schwestern, die für einschneidende Veränderungen im Musikbusiness und der amerikanischen Politik kämpften, betont die Gemeinsamkeiten. „Wir sind an einem Tiefpunkt angelangt, an dem sich Männer und Frauen nur noch gegenseitig niedermachen. Das ist keine gesunde Botschaft für eine jüngere Generation. Man will der Jugend doch nicht mit auf den Weg geben, jede Frau sei eine Hure und jeder Mann ein Taugenichts“, sagt Angie Stone. In der Verantwortung des Künstlers liege es, „die Realität daraufhin zu überprüfen, was wirklich läuft“.

Ihre Ansichten und Wahrnehmungen stellen die feministische Ballade „More Than a Woman“, das mit Hilfe von Musiq Soulchild eingespielte „The Ingridient“ oder „Makings Of You“, ein Curtis-Mayfield-Cover, auch stimmlich eindrucksvoll dar. Mahogany Soul verbindet Soul und Funk geschichtsbewusst mit lasziven HipHop-Beats. Es wird gebetet und gepredigt, zurück und in die Zukunft geschaut.

Eine Selbstfindung ad hoc indes war es nicht. Der Vater von Angies jüngstem Sohn ist R'n'B-Romeo D'Angelo. Aus der Seelenverwandtschaft des ehemaligen Musikerpaars entstand dessen Minimal-Funk-Meilenstein Voodoo. Auch D'Angelos Debüt Brown Sugar hatten sie zusammen geschrieben und produziert. „Ich würde nie etwas Negatives über diese Beziehung sagen“, betont die 36-Jährige. „Es gab Zeiten, in denen ich verwirrt war, weil mir ständig irgendwelche Leute sagten, du musst dies oder jenes tun, um Erfolg zu haben. D'Angelo half mir, mich selbst zu finden.“

Freitag, 20 Uhr, Grünspan