Stoiber-Effekt oder -Ruck?

Endergebnis der bayerischen Kommunalwahlen gibt der CSU ein Plus von fast 3 Prozent. SPD beharrt trotz schlechtesten Zahlen seit Kriegsende auch auf Sieg

MÜNCHEN taz ■ Die Nürnberger OB-Stichwahl war Bayerns Innenminister Günther Beckstein gestern wichtiger als die Vorstellung der Kriminalstatistik.

15 Minuten ließ er die Journalisten bei der Pressekonferenz warten, weil er, so seine Entschuldigung, als Nürnberger CSU-Chef ein „wichtiges Telefonat“ habe führen müssen. „Wir müssen in Nürnberg nachsitzen.“ Dort geht der angezählte CSU-Oberbürgermeister Ludwig Scholz übernächsten Sonntag in die Stichwahl mit dem vorne liegenden SPD-Bewerber Ulrich Maly. Leichter hat es da CSU-Generalsekretär Thomas Goppel. „Nach dem anfänglichen Schrecken, den allein das Münchner CSU-Ergebnis verursachte, haben wir nun allen Grund zur Freude“, sagte Goppel der taz.

Beim vorläufigen Landesergebnis der bayerischen Kommunalwahlen verbuchte die CSU ein Plus von über 2 Prozentpunkten und liegt nun bei 45,2 Prozent. „Ein Zuwachs von 2,3 auf hohem Niveau ist ein Bombensieg“, meinte der Generalsekretär. Er wolle aber nicht vom „Stoiber-Effekt“ reden. Dieser sei eine SPD-Erfindung, die glauben machen wolle, derselbe sei in die Hose gegangen. Nur: „Wenn es einen Stoiber-Ruck gegeben hat, dann nach vorn.“ Die SPD beharrte trotz des Verlusts eines halben Prozentpunktes darauf, sie sei in den großen Städten sehr erfolgreich gewesen. Nur 1948 schnitt sie aber bei den Kommunalwahlen noch schlechter ab als jetzt mit 25,3 Prozent. Die Grünen rutschten auf 5,8 Prozent ab (minus 1,2). „Unter schwierigeren Rahmenbedingungen als vor sechs Jahren haben wir ein achtbares Ergebnis erkämpft“, sagte Landeschef Jerzy Montag. Alle vier Grünen-Bürgermeister seien wiedergewählt worden, drei sogar mit Ergebnissen von über 70 Prozent. Die unabhängigen Wählergruppen blieben mit 15,7 Prozent (plus 0,3) stark. Die Freien Wähler verpassten in München aber doch noch einen Stadtratssitz. Für die kleineren Parteien ist das Ergebnis nicht so aussagekräftig, weil sie nicht überall antraten.

Für Wirbel sorgt weiter die CSU im niederbayerischen Neuötting am Inn. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Parteimitglieder, die am Sonntagabend laut SPD-Zeugen bei einer Wahlfeier „Sieg Heil!“ gerufen haben. Der Ortsverband wies dies gestern zurück. Thomas Goppel riet seinen Parteifreunden zu einer Gegenanzeige wegen Verleumdung. „Ich habe allen Grund, zu glauben, dass sie die Wahrheit sagen.“ OLIVER HINZ