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Ick hev mol en Hamborger Veermaster sehn
: International Meet’n’Greet

Von den blauen Bergen kommen wir. Unser Lehrer ist genauso doof wie wir. Nur keine dummen Bemerkungen jetzt, mit diesem Lied im Kopf aufzuwachen, ist, zur Abwechslung, jedenfalls lustiger, als den dritten Morgen hintereinander mit der (zugegeben sehr schönen, aber jetzt einfach auch mal guten) „Peanuts“-Version von Anita O’Day. Dabei hätte ich natürlich, dem Anlass entsprechend, gestern morgen zu und zu gerne einen Strokes-Song im Kopf gehabt. Oder einen von den Donots wenigstens, das sind diese Münsteraner, Münster, der Ort in Westfalen, in dem die Fahrradfahrer einem die „Parke nicht auf unseren Wegen“-Spuckis mit säurehaltigem Spezialkleber aufs Auto pappen. Und Ute Lempers Alter einen Secondhand-Laden hat. Aber ich kenne keine Songs von beknackten Westfalen- oder Niedersachsen-Bands.

Darum erkenne ich auch die Guano Apes aus Göttingen nicht gleich, die zusammen mit den Donots und den Strokes gestern um 12 Uhr PÜNKTLICH zum Meet’N’Greet, so nennt’s die Musikbusinessmaus, im Hotel Four Seasons auflaufen sollten. Die Strokes hätte ich erkannt, kein Problem, aber die entschlossen sich, ihre Hipshakin’-New-York-kill-your-idols-Coolness erst abends auszubreiten. Darum hätte man also nur die Donots, die Guano Apes, die Dido, die Nicole, den Udo und den Maffay treffen können, am liebsten mit einer Uzi.

Denn es ist schon erschreckend, wie und dass dieser Echo-Quatsch funktioniert. Obwohl ich schon so alt und weise bin, kann ich mich immer noch wundern, dass die Platten, die in den Charts sind, wirklich mit denen übereinstimmen, die sich so viele Leute kaufen: ich behaupte mal, dass ich niemanden persönlich kenne, der eine CD von „Ben & Gim“ hat, beispielsweise. Dabei sind „Ben & Gim“ „die aktuellen Chartsstürmer“. Aber wahrscheinlich kenne ich zu wenige und die falschen Leute. Hinter mir gibt einer der ominösen Donots ein Interview, wahrscheinlich der Sänger. Oder der „Spaßvogel der Band“ (meistens der Schlagzeuger). Oder der „Mädchenschwarm“. Der „Stille“ jedenfalls nicht, er faselt fröhlich drauflos.

Dann muss er sich zusammen mit den Restwestfalen fotografieren lassen, und mir fällt ein, während ich über Westfalen und Popmusik nachdenke, dass ich lange nicht mehr in meinem „Wörterbuch der münsterschen Masematte“ geschmökert habe, ein fabelhaftes Buch, das ein paar klugscheißerische Münsteraner Linguistik-StudentInnen zusammengestellt haben. Darin sind rund 1.000 Vokabeln aus diesem speziellen Dialekt, davon ungefähr 300 für Saufen, 300 für Sich-Prügeln, 200 für Vögeln und 200 für Frau. So ein Dialekt ist das. Er kommt aus dem Rotwelschen, und einer meiner Lieblingsausdrücke ist „Es meimelt!“. Gemeimelt hat’s nämlich ganz stark gestern, als ich, nachdem ich den Four-Seasons-Schond aufgesucht und gesehen hatte, dass der Osnik schon verdammt spät schmust, zurück in die U-Bahn getippelt war. Nerbelo.

Normalerweise sind mir Mundarten ja verhasst. Außer bei Bill Bos Bande. Da finde ich es nett, wenn der Bajuware sagt „Dös ist doch der Rhein, du Simpel!“ oder Kill Waas hesselt. Aber vor allem in der Pop- und Rockmusik hat so etwas nichts zu suchen. Dann schon lieber das schlechte Englisch, mit dem deutsche Bands immer wieder versuchen, „auf dem internationalen Markt Fuß zu fassen“, hihi. Wenn sie sich dabei so anstellen wie Poems for Laila, muss man sich ja keine Sorgen machen. Deren Sänger hat im tip auf die Frage, warum ein Stück „(I don’t like) Americans“ hieße, geantwortet, das sei ihm nach der US-Wahl eingefallen, weil „der Mann ihm so wahnsinnig unsympathisch“ gewesen sei und ihn „mit seiner Dummheit nicht mehr losgelassen“ habe. Das lässt einen doch aus den gleichen Gründen auch nicht mehr los … JENNI ZYLKA