Chinas Regierung rüstet auf

2003 will Peking den Militäretat um drei Milliarden Dollar erhöhen. Damit soll die Truppe professionalisiert und mit modernstem Gerät ausgestattet werden

PEKING taz ■ Chinas Generäle und Admirale können sich freuen: Auch 2003 wird der chinesische Militärhaushalt um 17,6 Prozent wachsen. Das kündigte Finanzminister Xiang Huaicheng vor dem Nationalen Volkskongress an. Damit steckt die Regierung 25,2 Milliarden Yuan (rund drei Milliarden US-Dollar) mehr als bisher in die Kassen einer Armee, die nach dem Willen Pekings möglichst schnell in eine professionelle und mit neuestem Kriegsgerät ausgerüstete Truppe verwandelt werden soll.

Überraschend kommt diese Großzügigkeit nicht. Nach dem Fünf-Jahres-Plan soll sich das Armeebudget bis 2005 alljährlich um 15 bis 20 Prozent vergrößern. Das Geld werde für „moderne Technologien für die Verteidigung und für den Kampf“ verwendet, sagte der Minister. Außerdem sollen die Gehälter der 2,5 Millionen Offiziere und Soldaten steigen, die Rentner mehr Geld erhalten. Personalkosten, Wohnungen und Gesundheitsversorgung verschlingen laut Chinas Armee-„Weißbuch“ ein Drittel des Militäretats.

Auch wenn die Zahlen auf den ersten Blick atemberaubend sind: Im Vergleich zu anderen Staaten hat die Volksbefreiungsarmee mit umgerechnet 20 Milliarden Dollar jährlich nicht sehr viel Geld. So erhöhten die USA das Budget für das Pentagon kürzlich von 48 Milliarden auf 379 Milliarden US-Dollar.

Doch sind die in Peking veröffentlichten Zahlen nur eine Teilwahrheit. Viele Ausgaben für die Truppe sind nach Erkenntnissen von Fachleuten in anderen Etatposten versteckt. Das Geld für Waffenkäufe im Ausland stammt nicht aus dem Topf der Armee. US-Experten schätzen das reale Militärbudget auf zwischen 35 bis 55 Millionen US-Dollar.

Ziel der chinesischen Regierung ist es stets gewesen, die Generäle zufrieden zu stellen, damit sie sich der Führung der Kommunistischen Partei unterordnen. Die Armee soll nicht nur fähig sein, das von den USA aufgerüstete Taiwan mit Gewalt unter die Herrschaft Pekings zu holen und separatistische Bestrebungen an den Grenzen im Westen zu verhindern. Mit einer modernen Kriegsmarine will Peking wirtschaftliche und strategische Interessen bis weit in die südchinesischen See hinein verteidigen. Fortan wollen Chinas Militärs vor allem in der Raketentechnik aufrüsten. Sie wollen sich in die Lage versetzen, bei einem Angriff den von der US-Regierung geplanten kosmischen Raketenschirm zu durchlöchern.

Das Modernisierungsprogramm der Armee hat Anfang der Neunzigerjahre begonnen, als die Chinesen im Golfkrieg erkannten, wie groß die technische Überlegenheit der Amerikaner und der Nato-Truppen war. Es wurde beschlossen, die Massenarmee zu einer Hightech-Truppe umzurüsten. Im vergangenen Frühjahr beschloss Peking, die Armee bis 2003 um 500.000 Soldaten zu verkleinern und damit Gelder für den Kauf moderner Waffen freizusetzen.

China ist nach einem Bericht der Far Eastern Economic Review einer der größten Waffenimporteure der Welt. Vor allem die Russen profitieren vom Einkaufsboom. Beim Nachbarn erwarben die Chinesen in den letzten Jahren vor allem Kreuzer, U-Boote und Kampfflieger. Israel und europäische Länder verkauften große Mengen elektronischer Geräte, die für zivile und militärische Zwecke nutzbar sind.

Zu den Lieblingsprojekten des chinesischen Militärs gehört auch ein nationales Satelliten-Programm. Gleichzeitig versucht Peking, so viele hoch qualifizierte Offiziere wie möglich auszubilden. Erst kürzlich kündigte Präsident Jiang Zemin an, Peking werde künftig mehr chinesische Militärs zum Studium ins Ausland schicken.

Der Vizevorsitzende der Militärkommission der KP, Zhang Wannian, lobte seine Soldaten vor dem Nationalen Volkskongress in der unnachahmlichen Schönheit der Pekinger Propagandasprache: „Unter der korrekten Führung des KP-Zentralkomitees und des Vorsitzenden Jiang Zemin hat die ganze Armee sich eng auf die allgemeine Arbeit der Partei und des Landes konzentriert; hat sich auf die historisch bedeutsamen Probleme konzentriert, nämlich zu gewinnen; hat wichtige neue Fortschritte in den Bereichen von Militär, Politik, Logistik und Gerätebau erreicht; hat die Aufgaben der Partei und des Volkes erfolgreich erfüllt; und hat das positive Bild unserer Armee als mächtige, zivilisierte und siegreiche Kraft bewahrt.“ JUTTA LIETSCH

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