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Frisch, fröhlich, frei im Wald dabei

■ Der Trimm-Pfad, ein Trend aus den siebziger Jahren, soll wiederbelebt werden

Das waren noch Zeiten. Damals, als der Trainingsanzug noch Trainingsanzug hieß und die Turnhose noch Turnhose, schossen sie wie Pilze aus dem deutschen Waldboden: Trimm-Pfade waren Trend in den siebziger Jahren. Heute wirken die sportiven Parcours mit ihren skurril anmutenden Erklärschildern ein bisschen heruntergekommen. Wind, Regen und Vandalismus haben ihre Spuren hinterlassen, und wo früher Freizeitsportler hangelten, kriecht heute nur noch Moos.

Dabei war es doch so schön gewesen. Hier ein paar Klimmzüge an der Eisenstange, eine kurze Laufstrecke weiter dann Sprünge über einen Baumstamm – und immer die spannende Frage: Welche Übung verbirgt sich hinter dem nächsten Gebüsch? Doch sowohl die Konstruktion der Geräte als auch die Auswahl der Übungen gelten aus sportwissenschaftlicher Sicht inzwischen als längst überholt.

„Die Trimm-Pfade in ihrer alten Form sind für den Abbruch bestimmt“, bestätigt der Münchner Mediziner und Diplom-Sportlehrer Günther Penka. So kämen etwa Übungen zur Schulung der koordinativen Fähigkeiten deutlich zu kurz. Sportler über einen schlichten Holzbalken balancieren zu lassen, sagt Penka, damit sei es heute nicht mehr getan. Damals jedoch wollten viele Kommunen ihren Einwohnern die Möglichkeit zum kostenlosen Training bieten – und verzichteten auf den Rat von Experten. Statt Übungen an einem Ort zu bündeln entschieden sie sich für einen Parcours mit Laufstrecken dazwischen – aus trainingswissenschaftlicher Sicht der falsche Weg.

Als Ursache für den Niedergang der Trimm-Pfade hat der Deutsche Sportbund allerdings auch eigentlich Positives ausgemacht. In der Anfangszeit, so Wolfgang Baumann, Breitensport-Geschäftsführer des DSB, profitierten die Einrichtungen von dem geringen Angebot für Anfänger innerhalb der Sportvereine. Das habe sich inzwischen ja „grundlegend geändert“. Doch „viele Menschen sind durch die Trimm-Bewegung erst zum Sport gekommen“.

Die Stadt München und ihre Technische Universität haben jetzt sogar ein Projekt zur Neubelebung der Waldluft-Fitness angestoßen. Das erinnert zwar an die vertrauten Pfade, beruht aber auf aktuellen Erkenntnissen der Sportmedizin. „4 F Circle“ heißt das neue Konzept aus Bayern, und auch das erinnert immerhin an Altbewährtes: Statt für „frisch, fromm, fröhlich, frei“, wie weiland Turnvater Jahn noch deutschnational alliterierte, stehen die vier F jetzt zeitgemäß für „fit, free, fun, function“. lno/taz

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