Akademische Einsamkeit

PartnerInnenvermittlung im Internet: Ein Service für die gut verdienenden Gestressten dieser Welt ohne Zeit zum Kennenlernen  ■ Von Peter Ahrens

Am Abend kommt das Alleinsein. Der Tag war voll mit Hektik, Betriebsamkeit, Aktivität. Irgendwann ist Feierabend, und auch jede After-Work-Party hat mal ein Ende. Fürs Kennenlernen ist keine Zeit übrig geblieben, Kontakte sind Geschäftsbeziehungen und werden bei Arbeitsessen geknüpft – mehr ist nicht drin. Doch weil Conference Meetings nicht alles sein können, gibt es Parship. Parship ist für die „beruflich stark Engagierten“ da, für „Akademiker über 30“, sagt Geschäftsführerin Henrike Fröch-ling. Für die Gestressten dieser Welt ist Parship Balsam: Partnersuche im Internet. So lässt sich Lebensplanung auch noch nebenbei am Arbeitsplatz erledigen.

„Das Berufsfeld Partnervermittlung hat auf ein Medium wie das Internet gewartet“, sagt Fröchling: Wer bisher davor zurückschreckte, sich als KundIn einzutragen oder verschwiemelte Annoncen aufzugeben, kann jetzt aktiv werden: Die BewerberInnen bleiben „anonym, sind zeit- und ortsungebunden, können sofort miteinander kom-munizieren“. Genau das, was die Klientel will. Die Klientel: Das sind die gut verdienenden Großstadt-Singles zwischen 30 und 50, das sind die Aktiven, die jemanden brauchen, der mit ihnen Snowboard fährt, das sind auch die LeserInnen von Zeit und Spiegel, von deren Homepages man per Link direkt zu Parship gelangt.

Die virtuelle Partnervermittlung ist eine Tochter des Holtzbrinck-Verlages, der auch die altehrwürdige Zeit herausgibt – und damit ist die Richtung vorgegeben. Seriosität durchweht die Büros an der Großen Reichenstraße, Fröchling benutzt das Wort „solide“ gleich mehrfach. Nichts zu tun haben wollen mit irgendeinem Schmuddel-Image: „Die Zeit hat uns mit spitzesten Fingern geprüft, bevor sie die Partnerschaft mit uns eingegangen ist“, sagt die Geschäftsführerin.

Erster Schritt zur PartnerIn: Ein Internet-Test von 90 Fragen nach dem Muster: Welche Eigenschaften sind auf Sie zutreffend? Kli-cken Sie drei Möglichkeiten an. Wie schätzen Ihre FreundInnen Sie ein? Welches Bilderpaar gefällt Ihnen besser? Was ist Ihre Konfektionsgröße? Wie verhalten Sie sich in folgender Situation? Und so fort. Aus all dem mischt der Computer mittels eines Programms, in das, so Fröchling, „30 Jahre Beziehungsforschung eingeflossen sind“, in Sekunden ein so genanntes Persönlichkeitsprofil und stellt die zehn am besten dazu passenden PartnerInnen aus der KundInnendatei als Auswahl ins Netz.

Bis dahin ist alles noch kostenlos. Möchte man Kontakt zu den ausgewählten BewerberInnen auswählen, geht's ans Bezahlen: Für 110 Euro haben die KundInnen sechs Monate Zeit, in der Datei auf Suche zu gehen. Dazu bekommt man ein dickes Gutachten zugeschickt, das PsychologInnen erstellt haben wollen. Es gebe übrigens keinen Männer- oder Frauenüberschuss in der Datei, das Verhältnis bewege sich zurzeit bei 51 Prozent Männer zu 49 Prozent Frauen. Ihr größtes Wachstum hatte die KundInnenkartei nach dem 11. September: Wenn der Terror vor der Tür steht, hat der Single wieder ein Bedürfnis, sich anzulehnen.

Das Internet hat den Partnervermittlungsmarkt umgepflügt. Die traditionellen Agenturen mit ihren Karteikärtchen und Passbildern haben fast 50 Prozent Umsatzrückgänge. Dagegen haben sich die Flirt-Datenbanken auf dem Markt platziert – ein Genre, mit dem Fröchlings Unternehmen konkurriert, mit dem sie sich aber nicht auf eine Stufe gestellt wissen will. „Das ist ein knallhartes Business wie andere auch“, sagt Fröchling, und der Satz passt gar nicht so recht in die Atmosphäre von Behaglichkeit und Herzlichkeit, mit dem sich die Branche Partnervermittlung schmückt.

Der Satz passt eher dazu, dass Fröchling vorher Controllerin bei Holtzbrinck war und mit Partnervermittlung als studierte Soziologin aber auch wirklich gar nichts am Hut hatte. Und um ihren Freund kennen zu lernen „brauchte ich keine Vermittlung“.

www.parship.de