Kinder, Karriere, Kürzung

2000 Frauen demonstrierten zum Rathaus. Empfang der Senatorin zum Internationalen Frauentag wurde gestört  ■ Von Kaija Kutter

„Schnieber, wir kommen! Versteck Dich nicht, wir finden Dich.“ Hamburg hat nach Jahren erstmals wieder eine kraftvolle, laute, bunte Demo zum 8. März erlebt. Mit Trommeln, Trillerpfeifen und Transparenten demonstrierten 2000 Frauen und Kinder vom Dammtor-Bahnhof zum Rathausmarkt.

Dort fand um 17 Uhr unter starkem Polizeischutz der offizielle Senatsempfang zum 8. März statt, zu dem nur geladene Gäste eingelassen wurden. Das offizielle Festprogramm – russische Musik und eine Rede über Frauen in St. Petersburg – hatte denkbar wenig Bezug zur Lage in der Stadt. Doch trotz scharfer Eingangskontrollen gelang es rund 50 Frauen, den Protest in den Festsaal zu tragen. Gegen 17 Uhr 30 kam es vorm Rathaus zu einem kurzen Schlagstockeinsatz, weil Demonstrantinnen einen Sarg mit der Aufschrift „BAFF“ durchs Gitter schieben wollten. Darauf rief eine Frau im Saal: „Draußen schlägt die Polizei Frauen und Kinder!“

Der anschließende Tumult wurde von zehn Frauen dazu genutzt, auf die Bühne zu klettern. Sie enthüllten unter ihren Pullovern verborgenen Buchstaben mit der Aufschrift „weggespart“. „Vor zwei Jahren wurde den Lesben gesagt, sie sollten zur den Frauenberatungstellen gehen“, sagte eine Rednerin. „Jetzt wird den Frauen gesagt, sie sollen zu den Familienberatungsstellen. Und wohin sollen die Familien gehen? Vielleicht zur Polizei?“

„Hier steht eine ganze politische Kultur auf dem Spiel“, hatte eine Rednerin der Migrantinnenberatung zu Beginn der Demo gesagt. „Der Senat zerstört eine Struktur, die ihm zu gesellschaftskritisch ist.“ Die Senatorin habe nur die Unterstützung der Deutschen Mittelschicht im Sinn: „Für die sind wir Migrantinnen noch Minderheit, wenn wir 50 Prozent ausmachen“.

„Frau Senatorin, hören Sie endlich mit der Legendenbildung über das massenhafte Angebot an Frauenberatungstellen auf“, hatte zuvor Heike Peper von den Biff-Beratungsstellen gefordert. „Indem man immer wieder etwas Falsches behauptet, wird es nicht richtiger“.

Doch die Senatorin, die sich dem Dialog mit den Frauen vorm Rathaus nicht stellte, wiederholte im Festsaal, dass es 60 Frauenberatungsstellen gebe. Schnieber-Jastram: „Ich werde zu Unrecht angefeindet.“ So schwebe ihr keinesweg das Leitbild von Kindern und Küche, sondern von „Kind und Karriere“ vor. „Und dies erfordert die Kürzung für Frauenprojekte.“ Frauen hätten viele Erfolge errungen, würden aber im Beruf immer noch benachteiligt, weil sie schwanger werden. Wenigstens die Kränkung der Alleinerziehenden nahm sie zurück, indem sie sagte: „Familie ist für mich auch, wenn ein oder mehrere Kinder von einem Elternteil großgezogen wird.“