Bach meets Händel und die Alberts

■ Hans und Jürgen Alberts mit ihrem Stück über Bach und Händel im Brauhauskeller

Wer geht schon ins Konzert ohne den Klang der CD im Ohr, auf der weltberühmte Künstler das Stück mit unendlicher High-Tech-Nachbearbeitung fürs Autoradio perfektioniert haben? Verkehrte Kunst. Kunst ist, was man selbst kann, haben sich offensichtlich drei gedacht, die keine Ambitionen haben, zur falschen Weltspitze vorzustoßen: Der Krimi-Autor Jürgen Alberts als Händel, als Bach der Bruder Hans, Jura-Professor an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung in Hamburg, und der privatgelehrte Musikwissenschaftler Oliver Rostek. Sie singen zusammen in vollkommener Unbefangenheit, der nebenberufliche Beerdigungspianist Rostek traktiert dazu das Piano („Er ist der einzige, der vor Toten üben darf“), und sie spielen ihre Rollen, mal vom Blatt gelesen, mal improvisiert aus dem Stegreif.

Heraus kommt ein vergnüglicher Abend zu dem heute wie 1747 aktuellen Thema: „Bach meets Händel“. Warum haben sich die Männer, die im selben Jahr geboren sind – merke: kein Bach-Jahr ohne Händel-Jahr – eigentlich nicht getroffen? Das ist die Frage, und da es keine historisch abgesicherte Antwort auf sie gibt, reicht der Stoff für einen phantastisch unterhaltsamen Abend.

Paul Barz hat sich an dem Thema schon versucht und mit seiner Komödie auf verschiedenen kleinen Theaterbühnen Erfolg gehabt. Die Idee ist, dass sich die beiden eben doch treffen und im Streit das Motiv erörtern, mit dem Historiker die Vermeidung der Zusammenkunft erklären könnten. „Ich musste sehen“, lässt Barz den Händel erklären, „ich musste einfach begreifen, warum ein solches Genie wie das Ihre, fast größer als das meine, warum ein solches Genie so erfolglos ist.“ Und Bach, der Thomaskantor, kontert neidisch: „Einmal ein solcher Erfolg! Mit solch schlechter Musik.“

Auch an Schulen ist das Thema beliebt, weil es die Präsentation musikalischer Talente etwa in Theater-AGs erlaubt. Alberts&Alberts präsentierten ihren Mutterwitz, den die Fans des Krimiautors Jürgen A. aus seinen diversen Büchern kennen. Das Manuskript wurde allerdings von Bruder Hans geschrieben, der dieses Talent beruflich wohl weniger austoben darf. „Meine Musik, Verehrtester“, sagt da der Bach zu Händel, „ist für die Ewigkeit geschrieben, nicht für den Applaus des Tages.“ Händel kontert: „Eternity zahlt schlecht, und ein wenig applause hat noch niemandem geschadet. Passen Sie auf, Bach, dass Sie nicht vergessen sind – vor Ihrem Tod.“

Die beiden überschütten sich mit Abfälligkeiten über ihre Musik und rezitieren voller Spott die schwüls -tigen Texte, die sie vertont haben. Händel feiert den Erfolg seiner Feuerwerksmusik, worauf Bach bitter meint, der Krach werde wohl „gesponsert von den Herstellern von Hörgeräten“.

Am Ende schließen beide doch Frieden auf der Bühne, aber das ist mehr szenische Freiheit als historische Wahrheit. Wahrscheinlich hat der Drehbuchautor gemerkt, dass sich die beiden Brüder doch zu ähnlich sind, als dass sie die sehr unterschiedlichen Charaktere Bach und Händel glaubhaft bis zum bitteren Ende darstellen könnten.

Den Zuschauern im gut besuchten Brauhauskeller, die die Darsteller von Bach und Händel auch aus dem anderen Viertel-Leben kannten, war der Abend ein besonderes Vergnügen. K.W.