Achtung: Schill schillt schon

Betr.: „Justizstreit an allen Ecken“, taz vom 8. März

Die mutige Entscheidung des Jugendschöffengerichtes am Amtsgericht, die Vollstreckung einer Jugendstrafe wegen der Mängel in der Strafanstalt Blockland auszusetzen, sollte Vorbildcharakter haben auch für andere Jugendgerichtsentscheidungen. Das Jugendstrafvollzugssystem ist der Mangel, egal ob in Bremen oder anderswo. Die Einbildung, man könne unter Bedingungen des Freiheitsentzuges Erziehung, Partizipation und letztendlich gesellschaftliche Integration organisieren, ist der Irrtum. Da können die Knäste noch so gut ausgestattet sein oder auch nicht, die Effekte bleiben die gleichen: verlorene Zeit, verlorene Perspektiven, verlorene Persönlichkeitsbildung, verlorene Zukunft. Hier können die Jugendrichter und die gefährdeten Jugendlichen etwas gemeinsam lernen, nämlich die Fähigkeit zum Verzicht. Die einen lernen außerhalb des Knastes oder geschlossener Heimeinrichtungen mit der Unterstützung durch erfahrene Pädagogen den Verzicht auf illegales oder normverletzendes Verhalten. Die Richter lernen mit der Unterstützung der Jugendgerichtshilfe und anderer Berater den Verzicht auf die freiheitsentziehende Repression.

Das sozialpädagogische Angebot in Bremen war bisher besonders gut, auch deshalb, weil es vom Land und der Stadt Bremen finanziell gut ausgestattet war. Dieses hat nun ein Ende. Untersuchungshaftvermeidung für Jugendliche zum Beispiel wird in Bremen ab 2002 gar nicht mehr finanziert. Alternative Maßnahmen wie die gemeinnützige Arbeit sind nicht kostendeckend ausfinanziert, präventive Maßnahmen ebenso wenig. Das Land Bremen muss sich entscheiden, ob es zur jugendkriminalpolitischen Provinz verkümmern will, oder wieder, wie früher, noch gar nicht so lange her, Vorreiter für eine humane, lebenslagenorientierte, erziehungsorientierte Jugendkriminalpolitik werden will. Achtung: Schill schillt schon!

Ulrich Pelz, Geschäftsführer Bremer Verein für Jugendhilfe & Soziale Arbeit