Mit Weißglut an die Weltspitze

Johann Karrer und Konrad Maier sind Hufschmiede und Meister des glühenden Eisens

Gute zehn Minuten dauert es, dann hat das Feuer die erforderliche Temperatur erreicht. Mit einer langen Zange hält Schmiedemeister Johann Karrer aus Hetzlinshofen bei Memmingen das zirka 25 Zentimeter lange Flacheisen in die Esse. Wenig später glüht es, doch Karrer hält es wieder ins Feuer – bis zur sprichwörtlichen Weißglut. Dann geht es ruck, zuck. Mit ein paar kräftigen Schlägen verformt er den Eisenstab zu einem Hufeisen. Es soll ja bekanntlich Glück bringen, und das hat es für den 54-jährigen Schmied auch tatsächlich getan. Ebenso für seinen 37-jährigen Kollegen Konrad Maier.

Die beiden Hufschmiede haben eine ganze Serie von nationalen und internationalen Hufeisenschmiedewettbewerben gewonnen. „Wir sind Deutscher Meister, Bayerischer Meister, haben mehrere Vizemeistertitel, einen beachtenswerten dritten Platz bei der Europameisterschaft, Platz 4 bei der Weltmeisterschaft in Kanada“, berichten sie stolz.

Vom 14. bis zum 16. März tritt das „Bavaria Fire Team“, wie sich die fünf Aktiven aus dem Freistaat Bayern nennen, in Kopenhagen zur Europameisterschaft an. Die Wochen vor dem Wettbewerb sind geprägt von intensiven Vorbereitungen. „Wenngleich wir heute dafür nur noch einen Bruchteil der Zeit brauchen wie früher. Als wir angefangen haben, da waren wir schon mal die dreizehn Wochen vor dem Wettbewerb in Johanns Werkstatt und haben jeden Sonntag geschmiedet, was das Zeug hält“, berichtet der amtierende Deutsche Meister Konrad Maier. Deutschland hat in den vergangenen dreizehn Jahren, dank des bayerischen Teams, zur Weltspitze aufgeholt. Johann Karrer kramt in einer kleinen Kiste mit Fotos. „Da, das ist das größte Hufeisen der Welt“, erläutert er. „In der Millenniumsnacht haben wir das geschmiedet!“ Acht Allgäuer Schmiedemeister haben bei Immenstadt mehrere Feldschmieden ineinandergestellt, um ein riesiges Feuer und die nötige Temperatur von 1.100 bis 1.200 Grad Celsius zu bekommen. Schon beim normalen Hufeisenschmieden sind rund 1.000 Grad erforderlich. „In zwei Teams à vier Schmieden wurde dieses vier Zentner schwere Hufeisen gefertigt“, erläutert Karrer. Sie haben damit den Eintrag ins Guinness-Buch geschafft. Ein Meter zwanzig lang und ein Meter zehn breit ist das Millennium-Hufeisen. Vier Männer waren erforderlich, um es aus dem Feuer zu heben.

Seit zehn Jahren ist Maier zudem Bayerischer Meister im Amboss-Weitwurf. Mit rund zwölf Metern in der Zehn-Kilo-Klasse sicherte er sich den Titel. 23 Schmiede und 20 Schmiedemeisterfrauen waren angetreten, um ihre Kräfte zu testen. Nur die Kräfte? Von wegen! „Die Frauen waren unglaublich clever“, erinnert sich Karrer. „Da waren einige im Kegelklub, und die haben eine Lücke in den Wettbewerbsbedingungen genutzt!“ Die erfahrenen Schmiedemeisterfrauen kullerten den Amboss wie eine Bowlingkugel und konnten sich so recht nah an die Höchstwerte der Männer heranarbeiten.

Mit solchen Tricks wird bei der EM in Kopenhagen freilich nicht gearbeitet. Da geht es darum, möglichst schnell und höchst präzise ein erst kurz vor dem Bewerb vorgegebenes Hufeisen zu schmieden. Die Männer des „Bavaria Fire Teams“ hoffen dabei auf einen weiteren Titel.

KLAUS WITTMANN