Alles in Wurfhand

Weil Tabellenführer Köln verletzungsgeschwächt antritt, gewinnt Alba Berlin das Spitzenspiel der Basketball-Bundesliga deutlich mit 87:72

aus Köln THORSTEN SCHABELON

Es dauerte, bis Svetislav Pesic und Marko Pesic nach der Schlusssirene aufeinander zugingen, um ein paar Worte zu wechseln. Vater und Sohn hatten sich nämlich schon im Spiel ausgetauscht. 80 Sekunden vor Spielende führte Alba komfortabel mit 81:70 beim Tabellenführer. Marko war auf einen Block gelaufen, hingefallen und Papa Svetislav half ihm auf. Beide zeigten bei ihrem kurzen Gespräch ein entspanntes Lächeln. Marko das des zufriedenen Siegers, Svetislav Pesic das des guten Verlierers.

Minuten vorher schien eine solche Situation im Kölner „Energy-Dome“ noch undenkbar. Drei Viertel lang hatte Alba Berlin den ersatzgeschwächten Gastgeber – Sasa Obradovic und Vladimir Bogojevic fehlten, der angeschlagene Reggie Bassette spielte insgesamt nur sechseinhalb Minuten – mit einer konzentrierten Leistung unter Kontrolle und lag schon 68:54 vorn. Doch dann führte der Ex-Alba-Spieler Drazan Tomic die Gastgeber, direkt vor dem Block und somit den Augen der mitgereisten Alba-Fanschar, wieder auf 67:68 heran. Über fünf Minuten erzielte Berlin in dieser Phase keinen Punkt. Alba schien die Bestrafung zu ereilen, die schon die Giants aus Leverkusen in Köln traf. Die Werksmannschaft hatte, ebenso wie Alba Berlin, aus „sportlichen Gründen“ eine Terminverlegung und das damit verbundene Ausweichen in die riesige KölnArena abgelehnt – und verspielte dann prompt einen 20-Punkte-Vorsprung im mit 3.000 Zuschauern überschaubaren Zirkuszelt „Energy-Dom“.

Zumindest in dieser Hinsicht zog Alba aber nicht nach. Auf die Revanche für die 76:85-Hinspielniederlage wollte der Dauermeister gegen den hochkarätigen Liganeuling doch nicht verzichten. Wendell Alexis’ Dreier konnte Kölns bester Punktesammler Zoran Kukic (21 Punkte) noch mit einem Korbleger beantworten. Jörg Lütcke legte aber einfach noch einen Wurf von jenseits der Dreierlinie zum 69:74 nach, und Alba zog weiter davon. Bezeichnend, dass Kölns sonst so verlässlicher Punktesammler C. C. Harrison mit einem Fehlwurf die Aufholjagd praktisch beendete. In den 40 Spielminuten fiel der Amerikaner überwiegend durch Diskussionen mit den Schiedsrichtern auf. Von seinen 16 Versuchen aus dem Feld fanden bei der ersten Niederlage im Energy-Dome ganze zwei Würfe den Weg in den Korb.

Es war nicht zuletzt die Trefferquote, die für Berlin und gegen Köln sprach. Nur 40 Prozent der Würfe kamen bei den Gastgebern an, Alba traf 54 Prozent und damit weit mehr als noch im Hinspiel (38 Prozent). Die Wurfchancen erspielte sich der Meister aus einer starken Deckung heraus, die immer wieder gegen Kölns Reserve-Aufbau mit Johannes Strasser und Babis Douloudis griff. „Der Erfolg hier wird uns viel Mut geben“, sagte Marko Pesic, für den der Sieg gegen Köln und nicht gegen den Vater entscheidend war. „Es ist wichtig, dass wir in solchen Spielen bestehen“, erklärte Henrik Rödl die Bedeutung des Spiels für die neue alte Alba-Truppe.

Der sichtlich zufriedene Alba-Trainer Emir Mutapcic gab die weitere Richtung vor. „Wir wollen um Platz zwei kämpfen.“ Da steht Alba nun wieder, zwei Zähler hinter Köln und punktgleich mit Bonn und Frankfurt. Mit Spielen und mit Siegen gegen diese direkten Konkurrenten hat der amtierende deutsche Meister Alba seine Wunschplatzierung vor den Play-offs selbst in der Wurfhand.