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: Das wahre Leben der Liga tobt nur zwischen Rang zwölf und siebzehn

Ganz Cottbus braucht Energie

Die wichtigsten Fakten vom Wochenende hier noch einmal in Kürze: Also, Nürnberg kassiert eine 0:4-Klatsche, Rostock gewinnt dafür mit 2:1, während St. Pauli sich mit einem 1:0 gegen den SC Freiburg schadlos hält. Dafür schleichen auch Cottbus (0:2) sowie Gladbach (1:3) als Verlierer vom Platz. Was nach dem neuntletzten Spieltag diese Rangliste ergibt: Zwölfter ist Rostock mit stolzen 29 Punkten, danach folgen Gladbach (27), Cottbus (26), Nürnberg (25), Freiburg (24) sowie die wiederbelebten St. Paulianer (21). Und der Rest der Liga? Der Rest interessiert nicht. Nicht mehr. Warum auch? Ganz unten hat sich Köln (16) gerade endgültig aufgeben, ganz oben kabbelt sich die Hochfinanz zwar im Moment noch ein wenig, am Ende aber machen’s eh wieder die Bayern. Und zwischen Schalke und Rostock herrscht nichts als graues Mittelmaß.

Das wahre Leben aber spielt sich zwischen Rang 12 und 17 ab, hin und her wogt es da – und am Ende wartet doch auf zwei der Tod. Das ist traurig, auch weil man sich nicht so recht entscheiden kann, wer am besten sterben soll. Nürnberg vielleicht? Nein, Nürnberg nicht, die haben doch den immer so herrlich zerknirschten Augenthaler zum Trainer. Und Freiburg? Die auch nicht, gegen Freiburg darf man in der taz nämlich nicht sein, nie, wegen der Solarzellen auf dem Tribünendach, na ja, und weil sie halt auch schönen Fußball spielen, manchmal. Dann aber St. Pauli, au ja, St. Pauli. Nee, die dürfen’s auch nicht werden, weil dann die geschätzte Kollegin Weber-Klüver traurig würde, die liebt St. Pauli nämlich. Blieben Gladbach, Rostock und … Stimmt! Und Cottbus.

Also Cottbus könnte gehen. Jedenfalls ist das so der Grundtenor, wenn man sich ein bisschen im Lande umhört. Cottbus muss raus, heißt es da ziemlich oft. Aber Leute, entre nous: Das ist Scheiße! Wirklich! Cottbus darf nicht sterben. Und schon weil alle dafür sind, muss man vehement dagegen sein. Einen guten Grund dafür gibt es auch noch, man muss nur von der Autobahn zum Stadion fahren, um ihn zu sehen: Cottbus braucht Energie, die Menschen dort haben ja sonst nichts, was etwas Farbe in ihr Leben bringt. Hinzu kommt, dass der Klub den mittlerweile zum Establishment aufgestiegenen SC Freiburg längst als Underdog der Liga abgelöst hat. Und für den muss man einfach sein, gerade als taz. Zumal es ja auch bei der Ökologie schon ganz gut klappt bei Energie, noch besser als in Freiburg: Denn während sie beim SC ihre Gäste bisweilen mit kleinen harten Bällen aus Kunststoff beschmeißen (siehe Causa Kahn), wird im Stadion der Freundschaft ökologisch korrekt geworfen – mit Eicheln.

FRANK KETTERER