Die Reisemesse ist nicht ausgebucht

Die Internationale Tourismus-Börse leidet unter der Flaute nach dem 11. September. Weniger Aussteller als im Vorjahr

Was haben die trostlos leeren Straßencafés im ägyptischen Dahab am Roten Meer mit manch leerem Raum in Charlottenburg zu tun? Auf jeden Fall mehr, als mancher denkt. Nach den Terroranschlägen vom 11. September erlebte die internationale Reisebranche nach Jahren des Wachstums eine Flaute, im Nahen und Mittleren Osten gab es einen regelrechten Einbruch. Das bekommt auch die Internationale Tourismus-Börse (ITB) zu spüren, die am Samstag beginnt.

Die weltweit größte Branchenmesse leidet, wie sollte es anders sein, unter den eingetrübten Aussichten der erfolgsverwöhnten Tourismuswirtschaft. Mit 9.875 Ausstellern sind rund 2,7 Prozent weniger Unternehmen vertreten als im vergangenen Jahr; mehrere namhafte Unternehmen haben ihre Teilnahme in diesem Jahr abgesagt: darunter Thomas Cook, Frosch Touristik, die Reiseveranstalter des Rewe-Konzerns (unter anderem DerTour, ITS, Meyers Weltreisen und Jahn) sowie die Lufthansa.

Für Messe-Chef Christian Göke war das gestern kein Grund zur Sorge: „Diese Unternehmen sind nicht das Kerngeschäft der ITB.“ Zum Kerngeschäft zähle vielmehr die Präsentation von weltweit über 180 Reise-Destinationen. Angesichts des wirtschaftlich schwierigen Umfeldes seien die Teilnehmerzahlen auf der diesjährigen ITB ein respektables Ergebnis. Die ITB werde auch in diesem Jahr neue Trends setzen und aktuelle Entwicklungen in der Branche diskutieren. Göke: „Selten ist eine ITB mit so viel Spannung erwartet worden.“

In Deutschland habe das letztjährige „Jahr des Tourismus“ trotz allgemeiner konjunktureller Flaute dazu beigetragen, dass sich die Zahl der Reisen im Inland im Vergleich zu 2000 weiter erhöht hat, sagte der Präsident des Deutschen Tourismusverbandes (DTV), Jürgen Linde. Die Zahl der Gästeübernachtungen sei leicht um 0,3 Prozent gestiegen. Besonders die neuen Länder und Berlin konnten dabei zulegen und verzeichneten eine Steigerungsrate von rund drei Prozent. Für dieses Jahr plane nach einer aktuellen Marktanalyse jeder dritte Deutsche, seinen Urlaub im eigenen Land zu verbringen. Linde appellierte an die Tourismuswirtschaft, sich besser auf die gestiegene Nachfrage einzustellen.

Die ITB wird sich in diesem Jahr neuen Nischenmärkten widmen – so zu den Themen Jugendreisen, Seniorenreisen und Kulturreisen. In Halle 1.1 startet eine „Börse für Nachhaltiges Reisen – travel with sense“, wo sich 102 Aussteller aus 12 Ländern präsentieren. Die Aussteller zeigen aus dem europäischen und Internationalen Spektrum praktische Beispiele umwelt- und sozialverträglicher Tourismusangebote auf. Hier sind auch alle Biosphärenreservate, National- und Naturparks Deutschland vertreten sowie die deutschen, Schweizer und österreichischen autofreien Gemeinden. Erstmals präsentieren sich auch Anbieter von Gay- and Lesbian-Reisen auf der ITB; in Halle 5.2 sind Veranstalter aus Europa, den USA und Südostasien vertreten. Sollte sich Ägypten in Zukunft diesem Zielpublikum mehr öffnen – vielleicht ließen sich die Einbrüche des vergangenen Jahres eher verkraften. RICHARD ROTHER