Scharping schwirrt der Kopf

Drei aufrechte Grüne verteidigen das Haushaltsrecht des Bundestages – und drohen, Scharpings Airbus-Pläne platzen zu lassen. Sie handeln sich dafür sogar Ärger mit ihrer eigenen Partei ein

BERLIN taz ■ Der Airbus droht wieder einmal abzustürzen. Das Prestige-Rüstungsobjekt von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) ist erneut in seiner Finanzierung gefährdet. Die grünen Haushaltsexperten Oswald Metzger, Franziska Eichstädt-Bohlig und Antje Hermenau kündigten gestern an, dass sie morgen im Haushaltsausschuss des Bundestages der Freigabe der ersten Rate von 5,1 Milliarden Euro für die Beschaffung der insgesamt 73 Militär-Transportflugzeuge nicht zustimmen wollen.

Union, FDP und PDS hatten ihre Ablehnung schon vorher angekündigt. Damit hätte das riesige Airbus-Projekt im Haushaltsausschuss keine Mehrheit. Die Freigabe der ersten Rate bis Ende März hatte Scharping den europäischen Partnern aber zugesagt.

Die drei grünen Haushaltsexperten verlangen in einem fünfseitigen Papier, das der taz vorliegt, eine völlig neue Beschaffungsvorlage des Bundesverteidigungsministeriums. Sie werfen Scharping vor, mit seinem Vorgehen das Budgetrecht des Parlaments zu verletzen. Außerdem fordern sie, mit der SPD darüber zu verhandeln, dass Scharping keine Schadenersatzgarantie gegenüber den Partnerländern abgibt, falls die Bestellung der 73 Flugzeuge an dem fehlenden Restbetrag scheitert.

Die Fraktionsführung der SPD blieb angesichts der grünen Kritik gestern äußerlich gelassen. „Unsere Aufregung hält sich in Grenzen“, hieß es. Man gehe davon aus, dass die Absprache innerhalb der rot-grünen Koalition, den Airbus zu unterstützen, nach wie vor gilt.

Verärgerung rief das Vorgehen der grünen Haushaltsexperten hingegen in den eigenen Reihen hervor. Ihr Positionspapier war weder mit der Partei- noch mit der Fraktionsführung abgestimmt. Grünen-Chef Fritz Kuhn und der Fraktionsvorsitzende Rezzo Schlauch kritisierten das gestern im Parteirat scharf. Einige Mitglieder des Parteirates zeigten in der Sache jedoch Verständnis für die Kritik der Haushälter an der schlampigen Arbeit des Verteidigungsministers.

Gleichzeitig war sich das Gremium aber darin einig, dass die europäischen Länder ein eigenes militärisches Transportflugzeug brauchen, wenn sie in der internationalen Sicherheitspolitik künftig eine eigenständigere Rolle spielen wollen. Also einigte sich der grüne Parteirat darauf, den Konflikt mit dem Koalitionspartner einvernehmlich zu lösen. „Wir gehen davon aus, dass wir bis Mittwoch eine Lösung haben“, sagte Parteichefin Claudia Roth nach der Sitzung.

Am gestrigen Nachmittag traf sich der Fraktionsvorstand mit der Haushaltsexpertin Eichstädt-Bohlig. Schlauch beharrte darauf, dass die Entscheidung der Koalition für den Airbus gefallen sei und die grüne Fraktion daran nicht noch einmal rütteln werde. Eichstädt-Bohlig hingegen verteidigte die Position der grünen Haushälter. Metzger hatte sich dem Gespräch gleich ganz verweigert. JENS KÖNIG

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