Mehr Kuchen fürs Off

■ „Was heißt öffentliche Kulturpolitik morgen?“, fragte jetzt die Arbeitnehmerkammer / Viele Antworten gab es auf ihrem Kulturpodium nicht

Wenn schon die Gegenwart eine Spartortur ist, was bringt dann erst die Kulturpolitik der Zukunft? Populär ist die Frage offenbar nicht gerade, wenn schon der aktuelle Haushalt schmerzt. Und die provokanten Thesen von Thomas Krüger, der Dienstagabend auf dem Kulturpodium der Arbeitnehmerkammer seine Kulturvisionen vorstellte, machen das Leben auch nicht gerade leichter.

Am wichtigsten Element der Kulturförderung will aber auch ein kulturpolitischer Quereinsteiger und -denker wie Krüger festhalten (der im Hauptberuf Chef der Bundeszentrale für Politische Bildung ist). Und das ist die steuerfinanzierte Bezuschussung. „Sonst werden Vielfalt und Breite der Kulturlandschaft aufs Spiel gesetzt.“

Ansonsten aber zäumt Krüger das Kulturpferd von hinten auf. Nämlich aus Nutzerperspektive. Und die kennt nicht nur öffentlich geförderte Kunst, sondern auch Unterhaltung. „Aus dem Angebot stellt sich jeder sein eigenes Bouquet zusammen.“ Und das heißt bei dem einen Theater, bei dem anderen aber auch Kino und Jazzkonzerte.

Bloß würden diese Facetten im Angebot völlig unterschiedlich finanziert. Der 45-jährige Theatergänger bekomme den Spaß bezuschusst. Der 25-jährige Kinogänger oder Jazzfreund hingegen nicht. „Neue Sachen wie Netzkultur werden überhaupt nicht wahrgenommen. Das finde ich ignorant“, kritisiert Krüger. „In den letzten 20 Jahren hat sich einiges verändert, das schlägt sich aber nicht in der Kulturpolitik und -förderung durch.“

In Zukunft müsse man das anders angehen, fordert Krüger: von unten („bottom-up“) und von den Bürgern mitgeplant und -finanziert. Kulturpolitik könne nicht bloß eine Sache des Finanzressorts sein. Die öffentliche Förderung müsse Vielfalt abbilden – für alle Generationen.

Nicht ganz so deutlich spricht Krüger das Wie der Geldverteilung an, wenn das Geld in Haushaltsnotlage-Ländern für gar nichts richtig reicht. Den Kuchen, ahnt man, würde Krüger nicht nur zwischen Theater und Museen verteilen und die Off-Szene links liegen lassen. Aus seiner Sicht müssten sich die alten Institutionen Theater und Museen öffnen, Partner gewinnen und andere Wege gehen müssen – oder absterben, weil finanziell nicht haltbar.

Bei dem Dutzend der vertretenen Kulturfreunden aus Bremen kam das kaum gut an. Krüger aber kommt aus Berlin und redet deshalb in der Regel nur über Berlin, wo Theater noch reiche Kulturtempel sind und noch entsprechendes Sparpotenzial haben. Dort, sagt Krüger, gibt es zwar ein lebendiges Kulturleben. Aber nicht in den großen Institutionen, sondern fast nur im frei finanzierten Bereich jenseits der Kulturpolitik.

Was sich aber auch für Bremen lernen ließe, wäre die bottom-up- Mitarbeit. Als „Plädoyer für eine andere Entscheidungsebene“ will Krüger seine Thesen dann auch verstanden wissen. Auf der eine mündige Öffentlichkeit an den Kulturentscheidungen mitbeteiligt werden solle, statt nur die Sparquoten zu schlucken. „Wie sonst soll die Kulturpolitik da neue Impulse aufgreifen“, fragt er.

Pauschallösungen hat aber auch er nicht im Reisegepäck. Wie die Beteiligung genau auszusehen hätte, bleibt offen. Projektfinanzierung, stellt Krüger sich vor. Öffentliche Zuschüsse für risikoreiche Projekte. Darüber wäre dann noch abzustimmen.

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