Pläne fürs Leben

In „Girlsnightout“ in den Sophiensälen sind die Falten wieder schneller als das Glück

Ulrike Meinhof will ausgehen. In den Sophiensälen bereitet sie sich auf die Party vor. Nein, keine Angst, in Berlins bekannter Off-Spielstätte wird kein neuerlicher Versuch unternommen, den RAF-Mythos popkulturell zu verwerten. Die Schauspielerin Birge Schade ist einfach mit ihrer Filmrolle als Ulrike Meinhof in „Baader“ noch frisch im Gedächtnis. Jetzt spielt sie in „Girlsnightout“ eines der drei Mädchen, die sich auf eine Party vorbereiten, dabei unversehens zu Frauen werden und es lediglich geschafft haben, die Kleider zu wechseln. Ein Unfall gewissermaßen, bei dem das eigene Leben in Sekundenbruchteilen durch den Kopf rast.

Mit „Girlsnightout“ hat die Autorin Gesine Danckwart Einblicke in Jungmädchenseelen geworfen. In schlichten schwarzen Kostümen sitzen die drei (neben Schade noch Anna Böttcher und die schwangere Nele Mueller-Stöfen) auf flauschig gepolsterten Stahlrohrmöbeln und lästern über picklige Jungs. Eine ironische Spannung baut sich auf. Sind das Frauen, die sich bewusst infantilisieren? Handelt es sich um eine Fluchtbewegung in bonbonfarbene Zeiten, die noch ohne Riss schienen? Die Chance, aus der Altersdifferenz zwischen Figuren und Darstellerinnen Kapital zu schlagen und eine künstliche, romantisch verklärte Jugendlichkeit zu erzeugen, wurde verspielt.

Souveräner wirken Böttcher, Schade und Mueller-Stöfen in den Frauenrollen. Jelinek’sche Momente treten da auf: „Jetzt habe ich mich endlich an meinen Körper gewöhnt, wo er schon wieder zerfällt.“ Oder: „Ich will lieber nicht eine Frau zum Heiraten sein, in deren Falten und fallende Brüste man sich hineinwohnen möchte.“ Beziehungen werden beerdigt, Pläne fürs Leben gesponnen, ein Renommierwettbewerb ausgetragen.

Vieles klingt lustig, manches klug, anderes traurig. Aber auf der kargen Bühne im Foyer mit den drei Stühlen als einzigen Requisiten wirkt recht wenig inszeniert. Die Spielerinnen variieren den Sprachduktus, mal ist es ein flammender Appell, mal hysterischer Ausbruch. Dann wieder Plauderton. Schade biegt sich auf ihrem Stuhl sogar in eine melancholische Haltung hin. Aber der Eindruck, hier wird ein Text mehr aufgesagt als in eine theatrale Form gebracht, überwiegt.

Das ist umso bedauerlicher, wenn man sich daran erinnert, wie im vergangenen Jahr das Potenzial eines vergleichbaren Textes von Danckwart abgerufen wurde. Bei „Täglich Brot“ brachte die szenische Lösung das Stück zum Fliegen. Die Protagonisten stellten sich als überanstrengte Identitätsarbeiter heraus. Dankwarts Figuren sind sehr durchlässig, dabei aber in eine soziale Matrix gespannt. Sie schwingen sich präzise in die Stimmungslage potenziell glücklicher, eigentlich aber unglücklicher Zeitgenossen ein. Da raste das Publikum vor Begeisterung. Hier klatschte es nur ganz angetan in die Hände. Das ist auch ein Gradmesser. TOM MUSTROPH

Girlsnightout in den Sophiensälen, Sophienstr. 8, 14. bis 16., 25. bis 27. März, 20 Uhr