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: Filme aus dem Archiv –Frisch gesichtet

Eigentlich gehört Oliver Stone eher zu jenen Regisseuren, die lieber klotzen als kleckern. Die Themen können ihm gar nicht „groß“ genug sein (JFK, Nixon, Vietnamkrieg), und in der Inszenierung befleißigt sich der Maestro gern einer ausgesprochenen Hau-ruck-Manier, die jeden zarten Gedanken mit einem Bilderrausch erschlägt. Dass Stone auch anders kann, zeigt jedoch sein kleiner dreckiger Krimi „U-Turn – Kein Weg zurück“, in dem Sean Penn als abgewrackter Kleinkrimineller nach einer Autopanne in einem gottverlassenen Wüstenkaff in Nevada landet. Mit bösem schwarzem Humor betreibt Stone die vollständige Demontage eines unsympathischen, großkotzigen Arschlochs: Nicht genug, dass irgendwelche Gangster wegen nicht bezahlter Schulden hinter Penn her sind, liegt er auch noch ständig mit dem einzigen Halbstarken des Ortes im Streit und wird in das Mordkomplott eines fiesen Ehepaares verstrickt. Und weil der Automechaniker, der offenbar schon lange nichts mehr verdient hat, den Wagen seines Kunden nicht repariert, sondern demontiert, kommt selbiger aus dieser Hölle einfach nicht mehr heraus. Was ihm ob seiner erbärmlichen Dummheit und Überheblichkeit ganz recht geschieht. Stone malt ein sarkastisches Bild vom amerikanischen Traum: Die hemmungslose Gier nach Geld und Erfolg stürzt die Protagonisten ins Unglück.

„U-Turn – Kein Weg zurück“ 14. 3.–20. 3. im Acud

*** Um das Projekt finanziert zu bekommen, musste Roman Polanski den Produzenten das Script zu „Repulsion“ (Ekel) schon als Horrorsujet anpreisen. Tatsächlich ist der erste Film des polnischen Regisseurs nach seiner Übersiedelung in den Westen eher die genaue Studie eines langsamen geistigen Verfalls, die darüber hinaus ein mehr als pessimistisches Bild der Beziehung zwischen den Geschlechtern zeichnet. Die Kosmetikerin Carole (Cathérine Deneuve) ekelt sich vor Männern und Sex, und ihre Erfahrungen tragen auch nicht gerade zu positiveren Gedanken über das „starke“ Geschlecht bei: Der Liebhaber von Caroles Schwester ist ein blöder Rohling, die Kolleginnen reden unentwegt über die Schlechtigkeit der Männer, und Caroles Verehrer möchte endlich mal zur Sache kommen, damit er seinen Freunden etwas zu erzählen hat. Caroles Ängste münden in furchtbaren Halluzinationen und blutigen Gemetzeln …

„Ekel“ 14. 3.–20. 3. im Nickelodeon

***Anlässlich von Cameron Crowes Remake „Vanilla Sky“ wurde auch „Open Your Eyes“ (Abre los ojos, 1997), der Originalfilm des spanisch-chilenischen Regisseurs Alejandro Amenábar, wieder ins Kino gebracht: ein kühler Thriller, der auf verschiedenen Realitätsebenen von der Angst und der Unfähigkeit erzählt, sich der Realität zu stellen. Als der junge reiche Schnösel César (Eduardo Noriega) bei einem Autounfall seine glatte Schönheit und damit auch sein Selbstbewusstsein verliert, flüchtet er in eine virtuelle Realität, in der er (zunächst) glücklich mit der schönen Sofia (Penélope Cruz) lebt … Im Vergleich zu „Vanilla Sky“ wirkt „Open Your Eys“ nahezu abstrakt: Da gibt es keinen Pop, keine glitzernden Oberflächen und vor allem keine Sympathie für die Protagonisten. Anders als Crowe inszeniert Amenábar die „Liebesgeschichte“ zwischen César und Sofia nicht als eine Möglichkeit, sondern als erkennbare Illusion: die größere Distanz macht seinen Film zu einem intellektuellen Vergnügen, das man sich erarbeiten muss.

„Open Your Eyes“ 14. 3.–20. 3. im Eiszeit 1

***In seinen Filmen griff G.W. Pabst gern die jeweils aktuellen Themen der Zeit auf. So entstand 1926 mit „Geheimnisse einer Seele“ eines der ersten Kinowerke, das sich mit der Psychoanalyse beschäftigt und von einem Patienten (Werner Krauss) mit Messer-Phobie erzählt. Zwei Mitarbeiter Sigmund Freuds hatten am Drehbuch des Films mitgearbeitet, der mit spektakulären, nahezu surreal anmutenden Traumsequenzen aufwartet, die der Kameramann Guido Seeber durch komplizierte Mehrfachbelichtungen in seiner Kamera schuf.

„Geheimnisse einer Seele“ 15. 3. im Arsenal

LARS PENNING