Auswärts zu Hause

Hapoel Tel Aviv muss auf Zypern gegen den AC Mailand antreten. Die Lage in Israel macht den Umzug nötig

BERLIN taz ■ Mehr als ein Drittel der zypriotischen Polizei, nämlich 1.300 Beamte, ist heute Abend im Einsatz: Hapoel Tel Aviv, der israelische Pokalsieger, spielt in Nikosia im Uefa-Cup-Viertelfinale gegen den AC Mailand. Nicht zu Hause, denn ein Kick in Israel wurde von der Uefa verboten. Gefährdung der Sicherheit, lautet die Begründung. Aus dem selben Grund sagten auch gerade die litauische Nationalelf und die russische U-21-Auswahl Freundschaftsspiele ab.

Der Zwangsausflug nach Zypern schmerzt, denn Hapoel zelebriert den größten Triumph des israelischen Fußballs seit der WM-Teilnahme 1970. Mit 2:1 gewann Hapoel beim AC Parma und hatte sich so fürs Viertelfinale qualifiziert. Klubbesitzer Moshe Teomin hat für 3.600 Euro Trommeln, Pfeifen und Ähnliches gekauft, damit sich Fans und Mannschaft wie zu Hause fühlen. Durch die fehlende Heimatmosphäre befürchten die Israelis sportlichen Misserfolg, wo doch gerade seit wenigen Jahren der Fußball einen Aufschwung erlebt. Seit zwei Jahren gibt es eine „Premier League“, wo zwölf (statt 16) Vereine spielen. So hob sich das Niveau, und auch die ökonomischen Daten verbesserten sich. Zwar leiden die meisten Vereine unter immensen Schulden. Bei Ligakonkurrent Hapoel Haifa beging der Besitzer sogar Selbstmord. Aber die Vereine leisten sich dennoch gute ausländische Profis. Bei Hapoel ist das zum Beispiel der ungarische Nationalspieler Istvan Pisont, der in Parma das entscheidende Tor schoss.

Solche Spieler zu halten fällt schwer. Auf der Liste von Spielerbeobachtern stehen Außenverteidiger Bachar und Mittelfeldmann Antebi. Englische Klubs lassen Torwart Elimelech und Verteidiger Gershon observieren. Die ließen sich gerne anheuern, schließlich sind die Israelis Berkovic bei Manchester City, Tal beim FC Everton oder Revivo bei Fenerbahce Istanbul zu Stammspielern gereift.

Bis die israelische Liga ähnliche Potenz besitzt, dauert es noch. Hapoel-Trainer Dror Kashtan sagt: „Es ist noch ein langer Weg in die oberen Regionen.“ Er sagt freilich auch: „Wir haben Geschichte geschrieben, und wir haben der gesamten Nation Glück und ein bisschen Genugtuung gebracht.“ Wie sehr der Fußball zur israelischen Gesellschaft gehört, weiß man bei Hapoel. Die Spieler Abukis und Domb überlebten in einem Tel Aviver Restaurant jüngst einen Anschlag unverletzt.

MARTIN KRAUSS