Hindus ausgebremst

Indisches Gericht verbietet radikalen Hindus Baubeginn eines Tempels auf dem umstrittenen Gelände in Ayodhya

DELHI taz ■ Indiens oberstes Gericht hat gestern einen Regierungsantrag zurückgewiesen, radikalen Hindu-Organisationen bei der zerstörten Moschee von Ayodhya am 15. März eine religiöse Feier zu erlauben. Es berief sich in seiner vorläufigen Verfügung auf ein Urteil von 1994, das jede Änderung des Status quo im umstrittenen Pilgerort verbot. Zuerst, so der Spruch damals, müsse ein untergeordnetes Gericht entscheiden, wem der Geländekern – der Trümmerplatz der Moschee – gehören soll. Er wird vom Eigentümer, einer islamischen Organisation, ebenso beansprucht wie von einem Hindu-Verein. Der behauptet, genau dort liege der Geburtsort des populären Gottes Ram. Ein solcher religiöser Anspruch sei stärker als jeder Rechtstitel.

Die Regierung argumentierte jetzt, dass mit einer bescheidenen religiösen Feier der Status quo nicht gestört würde, zumal die Sicherheitskräfte in Ayodhya einen ruhigen Ablauf garantieren würden. Doch dem Urteil liegt die Erfahrung vom 6. Dezember 1992 zugrunde. Damals kamen zehntausende Pilger nach Ayodhya, um vor der Moschee der Grundsteinlegung für einen Ram-Tempel beizuwohnen, der sich später – nach der „Verlegung“ der Babarmoschee – über das ganze Gelände ausbreiten sollte. Stattdessen kam es zum Sturm auf die nicht mehr benutzte Moschee, die dem Erdboden gleichgemacht wurde. Es folgten Religionsunruhen mit über 2.000 Toten. Darauf blockierte die Regierung das Gelände und überließ das Urteil den Gerichten. Doch je länger das sich hinzieht, desto stärker wird die Versuchung radikaler Hindus, Tatsachen zu schaffen. Morgen wollten sie mit zehntausenden „Pilgern“ außerhalb des Moscheebezirks einen Grundstein legen. Aus Sorge vor neuen Unruhen nach den Massakern in Gujerat bat die Regierung den Welthindurat um Mäßigung. Doch der blieb hart, und die Regierung flüchtete sich hinter den Rücken des Gerichts. BY