Eisernes Pflichtpfand

Selbst ein neuer Bundeskanzler Stoiber könnte das Dosenpfand nicht mehr stoppen, auch wenn es erst 2003 kommt. Oder er zahlt horrenden Schadenersatz

BERLIN taz ■ Das vom Bundesumweltminister angekündigte Pflichtpfand ab dem 1. Januar 2003 wird von der mittelständischen Getränkewirtschaft mit großer Genugtuung aufgenommen. Vertreter von Privatbrauern, Fachgroßhandel und Einzelhandel dankten gestern Jürgen Trittin (Grüne) für diese Entscheidung. Gleichzeitig machten sie klar, dass ihre Geduld nun am Ende ist. Eine weitere Verschiebung des Pfandes, welches nach der alten Töpfer-Verordnung bereits Anfang dieses Jahres hätte in Kraft treten können, wollen sie nicht mehr mitmachen.

Sollte Trittin nicht, wie zugesagt, am 1. Juli die aktuellen Mehrwegquoten im Bundesanzeiger veröffentlichen und damit automatisch ein halbes Jahr später das Zwangspfand auslösen, drohen sie mit einer Klage.

Die Mehrweglobbyisten brachten eigens ihren Anwalt Reiner Geulen mit zur Pressekonferenz. Der erklärte, seine Mandanten hätten einen Anspruch auf Einführung des Pflichtpfandes. Schließlich hätten sie im Vertrauen auf diesen Mechanismus im vergangenen Jahrzehnt Milliarden in Mehrweg investiert.

Geulen erklärte weiter, dass das Zwangspfand auch von der nächsten Bundesregierung nach der Wahl nicht mehr aufgehoben werden könne. Schließlich seien bis dahin schon wieder Hunderte Millionen Euro in das neue Rücknahmesystem investiert worden. Insgesamt kämen für so eine Entscheidung Schadenersatzansprüche von mehreren hundert Millionen Euro auf die Regierung zu.

Geulen verglich die Situation mit dem Ausstieg aus der Atomkraft. Die langen Fristen seien durch den Vertrauensschutz der Betreiber in staatliche Entscheidungen begründet. Ähnlich könnte eine neue Regierung das Pflichtpfand auch nur mit einer Übergangsfrist von „länger als einer Legislaturperiode“ abschaffen.

Trittin hatte erklärt, zunächst noch auf die Nacherhebung 1998 abwarten zu wollen. Dabei wird herauskommen – so viel ist schon klar – dass auch auf Limonade und Cola ein Zwangspfand fällig wird. Unklar ist aber noch, ob auch Fruchtsäfte und Wein die gesetzlich vorgeschriebene Quote unterschritten haben. Das Umweltbundesamt will die endgültigen Zahlen Mitte dieses Monats vorlegen. Zusätzlich will das Kanzleramt der Einwegindustrie drei Monate Zeit für die Einführung eines Rücknahmesystems einräumen. MATTHIAS URBACH