Der Militär-Airbus wird beschafft – irgendwie

Jetzt fordern nicht nur Grüne, sondern auch Sozialdemokraten eine Erklärung des Verteidigungsministers. Und die Partnerländer warten

BERLIN/PARIS/ISTANBUL taz ■ Beim Thema Airbus A 400 M herrscht weiter Verwirrung. So befand der Sprecher des Finanzministeriums gestern, „dass die Beschaffungsvorlage, die existiert, verfassungskonform ist“. Doch genau das lässt sich auch anders sehen: Die CDU droht weiter mit einer Organklage beim Bundesverfassungsgericht; die grünen „Haushälter“ verweigern seit dem Wochenende ihre Zustimmung zum Airbusprojekt – und seit gestern bestehen auch die SPD-Abgeordneten im Haushaltsausschuss darauf, dass Scharping seine Zusagen an die Partnerländer zurückzieht.

Der Verteidigungsminister hatte Ende Januar versprochen, Schadenersatz zu zahlen, falls Deutschland nur 40 Militärflugzeuge bestellt – und nicht 73 Maschinen, wie ursprünglich vereinbart. Eine Erklärung an den Haushaltsausschuss, die diese Schadenersatzansprüche nun wieder ausschließt, ist angeblich schon in Arbeit. Wie aus Koalitionskreisen gestern zu erfahren war, soll sie spätestens nächste Woche vorliegen. Davon will die Bundesregierung jedoch noch nichts wissen. Ihr Sprecher Heye gab zwar zu, dass „Missverständnisse“ auszuräumen seien – aber wie, dazu schwieg er.

Genauso wenig wollte sich die Regierung über Reaktionen aus den Partnerländern äußern. Man sei auf „Arbeitsebene“ im Gespräch, informiere über die „Entwicklungen“ in Deutschland. Scharpings Sprecher sah aber „momentan keinen Anlass, zusätzliche Schritte zu unternehmen“ und etwa mit den Partnerländern nachzuverhandeln.

Dort fallen die Reaktionen gemischt aus: An der Pariser Börse gaben die Kurse von EADS um 2,69 Prozent nach – diesem Raumfahrtkonzern gehört Airbus zu 80 Prozent. Die französische rot-rosa-grüne Regierung dagegen verhielt sich erwartungsgemäß abwartend gegenüber den Verzögerungen und Zweifeln aus Berlin. Lediglich die französischen Grünen zeigten Verständnis für die Position ihrer deutschen Parteifreunde, die als eine Entscheidung gegen höhere Militärausgaben verstanden wird. Der sozialdemokratische Pariser Verteidigungsminister Alain Richard hingegen sagt vorerst gar nichts. Bei diesem offiziellen Schweigen wird es, so das Pariser Verteidigungsministerium, bis Ende März bleiben. Denn erst dann läuft die Frist aus, die Deutschland von den sieben Partnerländern gesetzt wurde. Daher wird die jetzt noch „rein innerdeutsche Angelegenheit“ – so die offizielle Lesart in Paris – erst ab dem 1. April zu einer europäischen Frage.

Dennoch zeigt sich das französische Verteidigungsministerium zuversichtlich, dass Deutschland letztlich bei dem Airbusprojekt wie geplant mitmachen wird. Schließlich, so heißt es, habe „auch Deutschland einige Vorteile dabei. Darunter tausende von Arbeitsplätzen für mehrere Jahre.“

Ob die Arbeitsplatzbilanz tatsächlich so günstig ausfällt, wird in Deutschland übrigens gelegentlich bezweifelt. So lehnen die drei grünen Abgeordneten im Haushaltsausschuss Scharpings Beschaffungsvorlage auch deswegen ab, weil der Bundesrechnungshof die Schaffung von Arbeitsplätzen durch das Airbusprojekt „kurz- und mittelfristig“ für „unrealistisch“ hält.

Andere Sorgen hat das Airbuspartnerland Türkei. Dort geht man davon aus, dass „der Deal läuft“. Aber sowieso „wartet niemand auf Scharping – sondern auf Cheney“, so die Einschätzung vor Ort. Der US-Vizepräsident wird am Dienstag in Ankara erwartet. Ob die USA demnächst dem Irak den Krieg erklären – das interessiert hier mehr als deutsches Haushaltsrecht.

ULRIKE HERRMANN, DOROTHEA
HAHN, JÜRGEN GOTTSCHLICH