Aufenthaltsrecht für Mohammed Atta

US-Einwanderungsbehörde blamiert sich mit Visa-Zustellung für die New Yorker Attentäter an eine Flugschule

BERLIN taz ■ „Die Behörde bedauert die späte Unterrichtung der Schule.“ Ein Sprecher des Büros für Einwanderung und Einbürgerung (INS) der Vereinigten Staaten musste gestern sein Amt wegen einer denkbar peinlichen Panne verteidigen. Auf den Tag ein halbes Jahr, nachdem Mohammed Atta und Marwan al-Shehhi mit entführten Passierflugzeugen in das World Trade Center in New York flogen und unter den Türmen geschätzte 3.000 Menschen begruben, wurde ihre Aufenthaltsgenehmigung zugestellt. Die Visa für die zwei Todespiloten gingen bei Rudi Dekkers in Florida ein, dem Besitzer der Flugschule Hufman, bei der sich Atta und al-Shehhi für das Attentat vom 11. September hatten ausbilden lassen.

Atta und al-Shehhi, die zuvor in Hamburg studiert hatten, waren mit Touristenvisa in die USA eingereist. Im August 2000 reichte die Flugschule bei der Einwanderungsbehörde ordnungsgemäß einen Antrag auf ein Studentenvisum ein. „Ich habe keine Ahnung, warum es so lange gedauert hat“, gab sich jetzt Dekkers nach Erhalt der Papiere verwundert. Gleichzeitig fühlte er sich von dem Vorwurf entlastet, er habe unrechtmäßig gehandelt, als er die beiden späteren Attentäter für die Pilotenausbildung akzeptierte, die sie im Januar 2001 abschlossen. In der Tat hat die Schule offenbar keine juristischen Fehler gemacht. Sie musste auf die Bestätigung der Aufenthaltsgenehmigung nicht warten.

Wie die Dokumente jetzt zeigen, wurden die Anträge wenige Wochen vor den Anschlägen vom 11. September genehmigt: Attas Visum wurde offiziell am 17. Juli genehmigt, das von al-Shehhi am 9. August. „Als die Anträge genehmigt wurden, hatte das INS keine Informationen, die anzeigten, dass Atta oder al-Shehhi Verbindungen zu terroristischen Organisationen hatten“, erklärte ein Sprecher der Behörde.

Über die Unfähigkeit des Amtes, die Verdächtigen vorab zu ermitteln, regt sich niemand mehr auf, wohl aber über die unfassbar langen Bearbeitungszeiten: Sieben Monate dauerte es, um die Anträge zu bearbeiten, weitere sieben Monate, um diese an die Flugschule zurückzusenden. Eine 1996 begonnene Reform der Einwanderungsbehörde hat offenbar noch nicht gefruchtet: Damals forderte der US-Kongress, das Amt müsse von einem Aktensystem auf Computer umgestellt werden. ERIC CHAUVISTRÉ