Mugabe fordert sein Volk heraus

Der Präsident hat gewonnen, aber für Oppositionsführer Morgan Tsvangirai ist klar: „Das war der größte Wahlbetrug, den ich je erlebt habe“

von MARTINA SCHWIKOWSKI

Robert Mugabe bleibt im Amt. Mit 56,2 Prozent der abgegebenen Stimmen gegenüber 41,9 Prozent Unterstützung für seinen Hauptgegner Morgan Tsvangirai hat Simbabwes Präsident seine Macht konsolidiert. Aber Tsvangirai lehnt das Ergebnis ab: „Es spiegelt nicht den Willen des Volkes wider“, sagte der 50-jährige Führer der „Bewegung für Demokratischen Wandel“ (MDC) gestern in Harare. „Das war der größte Wahlbetrug, den ich je erlebt habe.“

Eine Truppe von 50 Soldaten hatte am Mittwoch das Bürohaus der Oppositionspartei in Bulawayo umstellt, nachdem Mugabes Wahlsieg durch die staatliche Wahlkommission bekannt gegeben worden war. „Wir suchen keine Konfrontation mit der Regierung. Das ist genau das, was sie wollen“, sagte Tsvangirai. Soldaten und Polizisten sind inzwischen in Städten und an strategischen Punkten in Alarmbereitschaft, um eventuelle Proteste einzudämmen.

Unabhängige Bürgerrechtsgruppen planen landesweite Streiks. „Wir sind besorgt, dass es zu spontanen Ausschreitungen kommen könnte, besonders in städtischen, dicht besiedelten Wohngebieten, und wollen den Ärger tausender Wähler durch friedvolle Kundgebungen kanalisieren“, sagte Brian Raftopoulus, Vorsitzender des Simbabwe-Krisenkomitees, dem 250 Nichtregierungsorganisationen angehören. Er bezeichnete den Wahlverlauf als „vergiftet“. Sollte die MDC jedoch das Ergebnis vor Gericht anfechten, hätte dies seiner Meinung nach wenig Aussicht auf Erfolg.

Internationale Kritik am Wahlverlauf hatte sich bereits vor der Bekanntgabe des Ergebnisses gehäuft. MDC-Finanzsprecher Eddi Cross rechnet nun mit schärferen Restriktionen durch westliche Länder, die weitere Isolation des Landes und eine Vertiefung der Krise. „Kapital- und Menschenflucht“ sagt Cross voraus.

Präsident Mugabe indes hat sein Ziel erreicht. „Niemals wird die MDC dieses Land regieren“, hatte er bei Wahlkundgebungen immer wieder gewettert und die Opposition als Staatsterroristen und Neokolonialisten beschimpft. Was in den nächsten Wochen in Simbabwe passiert, hängt von mehreren Faktoren ab. Tsvangirai hatte die Bereitschaft signalisiert, bei einem Wahlsieg eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden und damit die Regierungspartei Zanu-PF (Simbabwe Afrikanische Nationalunion – Patriotische Front) mit an Bord zu nehmen. Das gilt als sinnvoll, um das Land zu versöhnen. Mugabe gibt hingegen keine Zeichen in diese Richtung, im Gegenteil: Die noch im Raum stehende Anklage gegen Tsvangirai und MDC-Generalsekretär Welshman Ncube wegen angeblichen Hochverrats bedeutet die weitere Verfolgung der Opposition.

Die bestehenden Sanktionen durch EU und USA kümmern Mugabe wenig. Daher liegt das Hauptaugenmerk auf den Ländern der Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) und vor allem Simbabwes Nachbarland Südafrika. Die 14 SADC-Staaten hatten vor den Wahlen ausdrücklich betont, sie vertrauten auf einen fairen Wahlverlauf. Die meisten dieser Länder stimmten bei dem Commonwealth-Gipfel am vorletzten Wochenende in Australien gegen einen Ausschluss Simbabwes.

Südafrikas Präsident Thabo Mbeki ist wegen seiner „Schweigediplomatie“ gegenüber Simbabwe bereits stark kritisiert worden. Jetzt ist für ihn der Zeitpunkt gekommen, etwas zu sagen. Die Diskussion in Südafrika kreist einerseits um die Variante, Mugabe aufzufordern, Tsvangirai in die Regierung einzubeziehen, oder andererseits sich im Hintergrund zu halten und andere als Vizepräsident regieren zu lassen. Finanzminister Simba Makoni wird dabei häufig genannt.

In einer ersten Stellungnahme gestern Nachmittag bezeichneten Südafrikas Wahlbeobachter in Simbabwe allerdings das Wahlergebnis als „legitim“ und stellten sich damit gegen das Urteil aller anderen Beobachter. Delegationsleiter Sam Motsuenyane sagte, Konflikte und Gewalt seien auf „minimalstem Niveau“ gehalten worden. „Eine Ausnahme war die Reduzierung der Wahllokale in den Städten, was zu enormen Menschenschlangen führte.“

Am meisten fürchtet das südliche Afrika den Ausbruch eines Bürgerkrieges in Simbabwe. Über die Stimmung innerhalb der Armee wird spekuliert. Die Befehlshaber stehen hinter Mugabe, in den unteren Rängen jedoch gibt es Anhänger beider Seiten. Sollte sich die Armee spalten, wird es kritisch.