Fitness statt Fußball

Die Beauty- und Wellness-Welle zwingt auch Betriebssportvereine zum Umdenken. Rückengymnastik ist weniger gefragt  ■ Von Anja Schaaf

Mit Bauch-, Beine-, Pogymnas-tik und dem Versprechen auf einen schöneren Körper lassen sich so manche zu sportlicher Betätigung überreden. Auch die „Muckibuden“ haben ungebrochen Konjunktur. Fussball und andere Mannschaftssportarten dagegen stehen nicht mehr so hoch im Trend. Da ist es für die eher traditionell angelegten Betriebssport-Vereine manchmal schwer, die Mitglieder bei der Stange zu halten.

„Die jungen Leute fehlen“, bringt Burghard Remus das allgemeine Problem auf den Punkt. Der eigens für den SV Gruner + Jahr freigestellte Mitarbeiter kümmert sich intensiv und mit großem Erfolg um die Neugewinnung junger Mitglieder. Dafür hat er das Meridian Spa und die Kaifu-Lodge entdeckt – „wellness“ und „beauty“ versprechende Etablissements. Für die Mitarbeiter von Gruner + Jahr handelt der Betriebssport-Vorsitzende jedes Jahr Sonderkonditionen aus.

Auch der Lufthansa Sportverein Hamburg e.V. hat von einer Flaute noch nichts mitbekommen. Mit 4583 Mitgliedern ist der LSV der größte Betriebssportverein in Ham-burg. Das Angebot an Fitness wird hier nicht über Clubs organisiert, die 920 Kurs-Teilnehmer können ihre Körper in der betriebseigenen Halle straffen und stählen. Dem Rückgang an sportlicher Begeisterung begegnet Mitarbeiterin Anke Gerloff-Röpke, indem sie außer Fitness auch so attraktive Sportarten wie Segeln und Kampfsport ins Programm genommen hat.

„Sport ist Prophylaxe“, sagt Remus. „Deshalb denken die Firmenchefs bei der Finanzierung eines Betriebssport-Vereins auch an die Gesundheit ihrer MitarbeiterInnen.“ Zwar gehören nur die vom Arbeitsschutzgesetz festgelegten ergonomischen Bedingungen am Arbeitsplatz zu den Pflichten der Unternehmen, aber „Rückenschäden werden dabei nicht ausgeschlossen“, weiß der Arbeitsschutzreferent Rüdiger Granz.

Um so erstaunlicher, dass Rü-ckengymnastik und -schulung, die von Betriebssportvereinen als ergänzende Maßnahmen angeboten werden, nur von einer auffallend geringen Zahl von aktiven Mitgliedern genutzt werden, wie die Vereins-Statistiken von Allianz, Luft-hansa und Gruner + Jahr belegen. – Wer jetzt denkt, er würde ein solches Angebot besser zu nutzen wissen, der sollte sich mal informieren, denn in diesem Bereich zeigen sich die Krankenkassen aktiv: Die AOK zum Beispiel bezahlt ihren Versicherten einmal jährlich einen Rü-ckenschulkurs.

Nicht nur mobiles Desinteresse, auch konjunkturelle Einbußen machen manchen Betriebssportvereinen zu schaffen. So wurde den Mitarbeitern von Phillips vor zwei Jahren in einer Firmenflaute kurzerhand die gepachtete Vereinshalle samt Unterstützung weggekürzt. Auf sportliche Betätigung verzichten mussten die meisten von ihnen schließlich doch nicht: Sie konnten beim Sportverein Weiß-Blau der Allianz Hamburg e.V. weiter aktiv sein.

„Der Sport bietet den MitarbeiterInnen der Unternehmen eine andere Form des Zusammenkommens“, formuliert denn auch Weiß-Blau-Vorsitzender Ansgar Moos einen weiteren Aspekt. Die interne Kommunikation wird erleichtert – auch dies ein Vorteil für die Firmen. Firmenübergreifend funktioniert das ähnlich: Der Betriebssportverein organisiert den Wettkampfsport. Es spielt dann zum Beispiel das Schach-Team von Otto gegen den SV Gruner + Jahr. Die Allianz veranstaltet ein internationales Sportfest, „bei dem sich die Mitarbeiter aus mehr als 50 Ländern der Welt kennen lernen können“. Und das „Airport-Race“, das jährlich vom Lufthansa Sportverein organisiert wird, ist nach dem Hansaplast-Marathon die zweitgrößte Laufveranstaltung in Hamburg: Die rund 2300 Teilnehmer aus dem In- und Ausland laufen 10 Meilen um das Flughafengelände und können sich dabei von den startenden und landenden Flugzeugen etwas ablenken lassen.

Oder gar nicht erst mitmachen, denn das eigene Wohlbefinden ist schließlich ausschlaggebend. „Wir müssen den Mittelweg zwischen Breitensport und Leistungssport finden“, sagt Moos. „Sport für jeden und zu jeder Zeit“ ist auch das Motto des LSV. Praktisch bedeutet das, dass die im Schichtdienst arbeitenden Lufthansa-Beschäftigten auch vormittags in die Sporthalle können. Und wer an einem frühen Kurs teilnehmen möchte, der kann seine Arbeit auch erst einmal ruhen lassen.

Die Hallennutzung bei Gruner + Jahr ist anders organisiert – mit einem ganz eigenen positiven Nebeneffekt. Weil die Mitarbeiter erst später anfangen, stünde die Halle theoretisch bis in den frühen Nachmittag hinein leer. Praktisch können hier die Kinder der Tagesstätte Herrengraben des Roten Kreuzes kostenlos toben.