Alex Alves ergötzt Hoeneß

Hertha BSC siegt auch gegen Werder Bremen. Nach dem 3:0 über den direkten Konkurrenten steht Falko Götz, der erfolgreichste Interimstrainer aller Zeiten, im Mittelpunkt des Medieninteresses

von CHRISTOPH RUF

Um 17.20 Uhr fiel Falko Götz aus der Rolle. Obwohl die Szenerie im Weserstadion rein gar nichts Alpines ausstrahlte, erinnerte der Hertha-Trainer an eine jüngere Ausgabe von Luis Trenker, der nach langem beschwerlichem Gipfelsturm das Panorama der Alpen genießt: Inmitten einer Armada rotgekleideter Premiere-Helfer blickte der Götz für ein paar Sekunden entrückt ins Stadionrund, ließ sich die Frühlingssonne ins Gesicht scheinen und sog die die Atmosphäre nach dem Schlusspfiff eines siegreichen Nachmittags in sich auf: Die Unmutsäußerungen der Bremer Fans ebenso wie den Appell des Stadionsprechers, die Grün-Weißen nun „erst recht“ nach Wolfsburg zu begleiten: „Es sind ja nur 200 Kilometer.“ Es schien, als habe Götz erst in diesem Moment des Innehaltens wirklich erfasst, was sein Team gerade vollbracht hatte. Ein deutliches 3:0 gegen den direkten Konkurrenten ums internationale Geschäft. Und „international“, so wurde kurz darauf von fröhlichen Hertha-Angestellten kolportiert, sei ja auch die Champions League. Einige Sekunden später hieß es für Götz aber schon wieder: Raus aus der Kontemplation und hinein in den Interviewmarathon. Der wohl erfolgreichste Interimstrainer aller Zeiten absolvierte eine Tour de Force an den Mikrofonen ebenso souverän wie seine Mannschaft die 90 Minuten zuvor.

Dabei war Hertha am Samstag keinesfalls die spielstärkere Mannschaft. Wohl aber agierte sie taktisch ungeheuer diszipliniert, ließ den Gegner zunächst das Spiel bestimmen, um dann in der zweiten Hälfte immer gefährlicher aufzuspielen. „Unter Götz stehen wir hinten stabil und spielen vorne variabel“, analysierte Michael Preetz treffend, wollte das aber keinesfalls als Kritik an Extrainer Jürgen Röber verstehen: „Nach dem Trainerwechsel hatten wir gleich ein Erfolgserlebnis gegen Stuttgart. Das war für uns psychologisch wichtig.“

Nicht ganz unbedeutend war auch Gabor Kiraly. Der Keeper hielt alles, was auf seinen Kasten kam, und zeigte dabei Reflexe aus anderen Welten: In Werders stärkster Phase zwischen der 25. und der 40. Minute rettete er gegen Marco Bode, lenkte einen Vollspannschuss von Paul Stalteri zur Ecke und beendete einen Alleingang von Ailton. Dessen Soli endeten ansonsten jedoch zumeist bereits einige Meter vor der Strafraummarkierung.

Dass Werder-Trainer Thomas Schaaf seine 4-5-Ailton-Formation als „offensive Aufstellung“ anpries, war daher ebenso überraschend wie die Leistung von Alex Alves. Der divenhafte Brasilianer, von Falko Götz reaktiviert, zeigte eine engagierte Leistung. Nach dem Fallrückzieher durch Denis Lapaczinski erzielte er obendrein noch seine ersten beiden Saisontreffer. Und nach dem ersten legte er mit einem einzigen Spurt auch gleich noch einmal so viel Weg zurück wie in allen zurückliegenden Spielen: Vierzig Meter waren es bis zu den ausgebreiteten Armen seines Förderers. Als Alves in der 84. Minute noch den 0:3-Endstand besorgt hatte, sah sich Manager Dieter Hoeneß endgültig genötigt, das im Reporterkreis kursierende Attribut „unglaublich“ zu dementieren: „Dass der Alex so spielen kann, wussten wir schon immer.“

„Wir haben nach dem Trainerwechsel einfach die Spielfreude wiederentdeckt. Und das liegt sicher auch daran, dass Falko Götz mehr mit uns Spielern redet“, sagte Torschütze Lapaczinski nach dem Abpfiff. Als rhetorisch begabt zeigte sich der Gepriesene dann auch auf der Pressekonferenz: „Ich konzentriere mich ganz auf die restlichen Saisonspiele. Was ich danach mache, interessiert mich heute nicht. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es etwas mit Fußball zu tun hat.“