Drei Gründe weniger für Benachteiligung

Antidiskriminierungsgesetz wird abgespeckt: Alter, Weltanschauung und Religion sind keine Klagegründe mehr

BERLIN taz ■ Das von Rotgrün geplante Antidiskriminierungsgesetz soll geändert werden. Alter, Weltanschauung und Religion gelten nun doch nicht als Kriterien, aufgrund derer man gegen eine Benachteiligung vorgehen kann. Damit sollen Klagewellen verhindert werden.

Richtig stolz war Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD), als sie im Dezember am Tag der Behinderten ihr Antidiskriminierungsgesetz vorstellte. Diskriminierung aufgrund von „ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Alter, Sexualität, Rasse, Weltanschauung oder Behinderung“ sollte damit entgegengetreten werden. Nun haben sich offensichtlich Lobbyverbände durchgesetzt: Die Begriffe „Religion, Weltanschauung, Alter“ werden gestrichen, sagte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Alfred Hartenbach, dem Spiegel. Die Begründung: Vor allem Kirchen hätten unangenehme Nebeneffekte befürchtet – zum Beispiel Klagen von Atheisten, die in kirchliche Pflegeeinrichtungen oder Kindergärten aufgenommen werden wollen. Stünde der Diskriminierungsgrund „Alter“ weiterhin im Gesetzestext, dann wären angeblich Seniorenvergünstigungen in Gefahr, wenn Jüngere sich benachteiligt fühlen und sich auf das Antidiskriminierungsgesetz berufen. Bei dem Punkt „Weltanschauung“, so die SPD, könnten rechtsextreme Vereinigungen wie die NPD klagen, wenn ihnen ein Wirt seine Gaststätte als Tagungsraum verweigere.

Das „Gesetz zur Verhinderung von Diskriminierungen im Zivilrecht“ soll eine EU-Richtlinie durchsetzen und bestehende Klauseln im deutschen Recht konkretisieren. Ziel ist eine Umkehr der Beweislast: Wird ein Schwarzer vor einer Diskothek aufgrund seiner Hautfarbe nicht hineingelassen, muss künftig der Betreiber nachweisen, dass dies keine Diskriminierung war. Von Seiten des Benachteiligten soll es reichen, den Sachverhalt glaubhaft zu machen. Das Gesetz verbietet so auch Benachteiligungen bei Gewährung von Krediten oder einer Wohnungsvergabe. Sind die Folgen der Diskriminierung nicht mehr zu beseitigen, weil etwa eine Wohnung bereits an Dritte vermietet ist, besteht Anspruch auf Schadensersatz. Nicht nur der Betroffene kann vor Gericht ziehen, sondern auch Verbände. Noch vor der Wahl im September soll das Gesetz nach rotgrüner Planung in Kraft treten. NICOLE JANZ