Balzen hinter der Bar

Beim Training für BarkeeperInnen heißt es anfänglich oft: Von der Tierwelt lernen heißt Shakern lernen  ■ Von Anja Schaaf

In dem englischen Wort „cocktail“ steckt zweierlei: Zum einen cock, also Gockel und tail, englisch für Schwanz. Demnach ist durchaus vorstellbar das „Cocktail“ nicht nur zufällig die mannhaften Allüren eines richtigen, meist männlichen Barkeeper umschreibt. Wie man durch imposantes Werfen und atemberaubenden Schütteln zu einem solchen wird, konnten die neun TeilnehmerInnen des Cast-Yourself“-Wettbewerb im Alsterpalais lernen.

Weil es in der Szene an professionellem Nachwuchs fehlt, veranstaltet der Leader–s Club bundesweit Seminare, in denen sich junge Leute qualifizieren können. Anreiz ist die Aussicht, in der Endausscheidung in Hannover einen Praktikumsplatz in der Buddah-Bar in Paris zu gewinnen, die der Pressesprecherin Kathrin Beulshausen zufolge natürlich „absolut angesagt“ sei.

Dass ein Barkeeper mehr braucht, als eine Fliege, demonstrierte Profischüttler Emir Corso. Der Mann an den Gläsern der Cius-Bar konnte es nicht lassen seine Schüler zusätzlich noch in die Kunst des Wahrsagens einzuführen:“Der Barkeeper sollte dem Gast ansehen können, was er will“, behauptet Corso. Für ihn ist es möglich Kunden im schummerigen Barlicht von den Lippen ablesen zu können, ob sie zu den süßen, sauren, fruchtigen oder cremigen Naturellen gehören.

Mit gewichtiger Miene mixt, schüttelt und rührt der Experte vor den Unwissenden. Dabei lässt Emir Corso es sich nicht nehmen, seinen Schülern Wurf- und Fangsicherheit zu demonstrieren. Für diese kleinen Showeinlagen „üben wir im Keller“, sagt Ronald Aquino, der selbst auch in einer Bar arbeitet und seine Kenntnisse vertiefen möchte. Er verrät auch die kleinen Geheimnisse der Branche: denn ein Gummiboden hinter der Bar verhindert oftmals ein Mallör mit zerbrochenem Glas. Außerdem sieht es hinter der Bar „ganz schön versifft aus“ so Aquino. Da verhindert der durch zahlreich vergossene Likörchen guthaftende Noppenboden, dass sich der mit Zitronen jonglierende Entertainer des häufigeren auf die Nase legt.

Unter der Bar gilt meist sowieso mehr Sein als Schein. Da muss „bis zum Abkotzen Leergut weggeschafft werden“ stöhnt Aquino. Wenn ein Barkeeper nur auf die Sahnestücke des Berufs aus ist, dann kann er sich in der Szene nicht behaupten, wissen Insider. Schlampige Mixer werden zum Beispiel in der Cius- Bar nicht geduldet. Jeder muss dort selbst für die Sauberkeit hinter der Theke sorgen. „Die Arbeit dahinter“, ist auch das, was den Auszubildenden Jan Berger an dem Seminar interessiert hat. Dazu gehört auch, dass der Azubi aus dem Hotel Vier Jahreszeiten auswendig lernt welche Spirituosen zuzsammenpassen, woher sie stammen, wie sie schmecken und wie alt sie sind. Ausgestattet mit diesem Basis-Repertoire geht es dann ran an eines der tausenden ebenfalls gelernten Rezepte.

Bei den Arbeitstechniken gibt es viele Details, die die Neulinge ersteinmal lernen müssen: So ist es natürlich ein Sakrileg Sahne mit etwas Süßem zu mixen, denn das gibt unappetitliche Flocken bei heftigem Schütteln. „Das Auge trinkt mit“, wird Emir Corso nicht müde zu betonen. Sein einfacher Tipp dazu:“Farben, wie rot sind sehr beliebt, also farbige Sirups, wie Grenadine benutzen.“ Farbenfrohe Lockmittel, wie sie aus der Tierwelt beschrieben sind, wenn die Balzzeit angebrochen ist. Mit dem Unterschied das Tiere keine Drinks mixen können.