Einer kommt zurück

■ Heute bestellt der Bremer Senat Elmar Schreiber zum neuen Rektor der Hochschule Bremen. Im Gespräch mit der taz erläutert der Pysiker seine Ziele

Gleich beim zweiten Versuch hat es geklappt: Elmar Schreiber von der Princeton University will am 1. Juni das Amt des Hochschul-Rektors antreten – nicht zuletzt, weil er sich am Wasser wohlfühlt und schon immer nach Norddeutschland wollte.

taz: Sie sind schon der zweite Deutsche, den die Hochschule aus den USA als Rektor holen will. Werden Sie und Ihre deutschen Kollegen offensiv umworben?

Elmar Schreiber: Nein. Der Markt in Deutschland ist sehr eng und hart umkämpft. Hin und wieder wird man mal aufgefordert, sich zu bewerben, aber aktiv geworben wird eigentlich nicht. Mit den Eliteuniversitäten in den USA können die deutschen Hochschulen finanziell ohnehin nicht konkurrieren und die Gehälter sind hier viel höher. Da ist es schon sehr schwer, einen Lehrstuhl in Deutschland attraktiv zu gestalten. Deswegen kehren auch wenige zurück, obwohl Deutschland das gut gebrauchen könnte. Und die aktuellen Reformen werden die Abwanderung noch weiter fördern.

Warum?

Die Regel, nach der niemand länger als zwölf Jahre auf einer befristeten Stelle sitzen darf, schließt eine ganze Forschergeneration von der weiteren Karriere aus. Es ist von einer lost generation die Rede. Die Süddeutsche Zeitung zitiert sogar einen Berliner Ministerialbeamten: Man müsse die Generation der Privatdozenten „nun eben verschrotten“. Das ist mir bitter aufgestoßen. Daraus spricht, dass man in Deutschland momentan meint, auf Leute verzichten zu können, die man für viel Geld hervorragend ausgebildet hat. Die werden in den USA mit Kusshand genommen, weil sie wirklich hoch qualifiziert sind. Das ist ein Unding. Viele junge Physiker, die gerade habilitieren, sind verbittert und überlegen deshalb, in die USA zu gehen. Dieses Auswandern einer Forschergeneration erinnert mich ein bisschen an den wissenschaftlichen Kahlschlag Anfang der dreißiger Jahre, als Forscher ihr Land verlassen mussten. Davon hat sich die deutsche Wissenschaft bis heute nicht erholt. Auch wenn die Ursachen diesmal ganz andere sind, sehe ich ein ähnliches Problem, wenn die Reform nicht noch korrigiert wird.

Was musste man Ihnen denn für die Rückkehr bieten?

Ich wollte nach der interessanten Auslandserfahrung nach Deutschland zurück. Meine Frau hat in den USA keine Arbeitserlaubnis bekommen. In Deutschland hat sie einen wirklich tollen Job. Ich fühle mich in Europa auch noch etwas wohler als in den USA.

Hat Sie die Befristung der Stelle nicht geschreckt?

Nein, das bin ich gewohnt. Ich strebe aber an, nach fünf Jahren wieder gewählt zu werden. Ich finde es gerechtfertigt, dass so ein wichtiges Amt befristet ist. Da muss es die Möglichkeit geben, sich wieder zu trennen.

Was reizt Sie speziell an der Hochschule Bremen?

Einerseits der internationale Charakter. Damit war sie Vorreiter in Deutschland. Zum anderen ist sie eine Forschungshochschule, was bisher noch die Ausnahme ist. Damit ist sie also auch führend. Auch das Drittmittelaufkommen ist für eine Fachhochschule beachtlich.

Im Verhältnis zu Universitäten ist das Forschungsbudget mit 400.000 Euro im Jahr allerdings eher mager. Forschunkgskonrektor Apel sagt, nur 20 Prozent der ProfessorInnen würden intensiv forschen, 60 Prozent gar keine Anträge stellen. Ist das genug?

Nein, perspektivisch nicht. Durch Neuberufungen wird sich das ändern. Jeder, der forschen will, ist willkommen. Aber man kann das nicht erzwingen.

Sie haben in den vergangenen Jahren intensiv geforscht. Was ist Ihre persönliche Perspektive?

Ich selbst werde wohl nicht zum Forschen kommen. Ich werde mich mit der Weiterentwicklung der Hochschule befassen. Wir streben die Einrichtung von neuen Studiengängen wie Bionik oder technische Physik an. Ich werde darum kämpfen, dass weitere Master-Studiengänge eingeführt werden, da einzelne Fachbereiche das Promotionsrecht erhalten. Auch meine Erfahrung in der Drittmitteleinwerbung möchte ich einbringen und Projekte wie die virtuelle Hochschule und den wireless campus forcieren.

Können Sie Impulse in Richtung Interdisziplinarität geben? Ich glaube schon. Ich habe Mathematik und Physik studiert, zuletzt im Fachbereich Chemie gelehrt. Und in den USA habe ich intensive Kooperationen mit Ingenieuren und der Industrie erlebt. Diese Erfahrungen will ich weitergeben.

Sie selbst erforschen den Lasereinsatz zu Analysezwecken ...

Ich habe mich mit der Entwicklung von Lasern befasst, die ganz kurze Pulse erzeugen, im Femtosekundenbereich. Das ist der milliardste Teil einer Millionstelsekunde, also eine Null, dann ein Komma, dann vierzehn Nullen und dann eine Eins – das ist eine Femtosekunde. Damit bringen wir Moleküle zum Tanzen und Schwingen. Wenn wir die kurzen Pulse zusätzlich noch in ihrer Struktur modulieren, können wir gezielt den Tanz eines Moleküls steuern und kontrollieren. Wir erhalten damit einen „Fingerabdruck“ des Moleküls, anhand dessen wir es etwa in einem Gasgemisch nachweisen können.

Die Bremer Uni hat gerade Europas ersten blauen Laser realisiert. Sind Sie in der richtigen Stadt, aber an der falschen Hochschule gelandet?

Nein, ich habe mich für die Uni gefreut. Der blaue Laser hat ein riesiges Potenzial, etwa bei der Entwicklung von DVD mit großer Speicherkapazität. Das begeistert jeden Physiker.

Sehen Sie da für sich auch Kooperationsmöglichkeiten?

Mal schaun. Mir brennt das natürlich unter den Nägeln. Auf jeden Fall werde ich bald mal die Uni und auch die IUB besuchen.

Fragen: Jan Kahlcke