Wollte Rüggeberg doppelt kassieren?

■ Ärzte-Funktionär Rüggeberg unterschlug dem Untersuchungsausschuss der KV 4.500 Mark „Aufwandsentschädigung“ und hat mit deutlich höheren Praxis-Umsätzen gut verdient

Der umstrittene Vize-Vorsitzende der Bremer Kassenärztlichen Vereinigung, Dr. Jörg-Andreas Rüggeberg, hat gegenüber dem internen Untersuchungsausschuss der KV offenbar falsche Angaben gemacht. Der Ausschuss unter dem Vorsitz des früheren Verwaltungsgerichts-Präsidenten Alfred Kuhlmann hatte untersuchen sollen, ob es rechtmäßig gewesen war, dass Rüggeberg als Ausgleich für berufspolitisches Engagement mehr „Punkte“ bei der Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen durfte. (vgl. taz 7.3.) Zur Rechtfertigung dieses Anspruches hatte Rüggeberg darauf verwiesen, dass er als Präsident der Gemeinschaft fachärztlicher Berufsverbände (GfB), in der bundesweit 100.000 Fachärzte vertreten sind, „keine Entschädigung“ erhalte. „Das steht so in dem Brief, den Rüggeberg mir am 6.2.2002 geschrieben hat“, erklärte Kuhlmann auf Nachfrage. Dass ihm der Zulassungsausschuss der Bremer KV als „Kompensation“ eine höhere Punktzahlobergrenze gestattete, sei dennoch „rechtswidrig“ gewesen, hatte der interne Untersuchungsbericht der KV festgestellt. Entsetzt notierte der ehemalige Richter in dem offiziellen Bericht: „Dr. Rüggeberg meint auch jetzt noch, dass die Ärzteschaft rechtliche Grenzen überschreiten dürfe, wenn sie berufspolitisch tätige Ärzte wirtschaftlich absichern wolle.“

Bei dem Untersuchungsbericht war Kuhlmann noch davon ausgegangen, dass Rüggeberg die Wahrheit gesagt hatte, als er angab, „keine Entschädigung“ für die Präsidentschaft der GfB erhalten zu haben. Das ist aber offenbar nicht zutreffend. „Bei der GfB hat Rüggeberg als eine der ersten Maßnahmen dafür gesorgt, dass seine Aufwandsentschädigung die geringen Bezüge seines Amtsvorgängers um ein Vielfaches übersteigen“, hat schon am 14. März der „Dienst für Gesellschaftspolitik“ gemeldet. Nach einem der taz vorliegenden Protokoll hat die Versammlung der GfB am 8.12.2000 im Crowns-Hotel in Berlin getagt und für Präsident Rüggeberg eine Aufwandsentschädigung von 4.500 Mark monatlich bewilligt – auf Rüggebergs eigenes Drängen. Wörtlich heißt es in dem internen Protokoll: „Der Präsident trägt vor, dass die Aufwandsentschädigung für den Präsidenten von DM 1.000,- gering und in der Außenwirkung ungünstig sei. Dr. Rüggeberg verlässt die Sitzung.“ In seiner Abwesenheit wurde dann die offenbar vorbereitete Frage „etwas kontrovers“ beraten, vermerkt das Protokoll. Ergebnis: Rüggeberg bekommt „für die laufende Amtsperiode eine personengebundene Aufwandsentschädigung von DM 4.500,- genehmigt“. Einstimmig.

In seinem Brief an den Untersuchungsausschuss der Bremer KV wollte Rüggeberg aber nicht offenlegen, dass er für sein „berufspolitisches Engagement“ gleich doppelt kassieren wollte. Im Sommer 2000 hatte Rüggeberg im Vorstand der KV angegeben, seine wirtschaftliche Existenz sei „nicht mehr gesichert“ durch sein Engagement in diversen Ämtern. Aus den Abrechnungsunterlagen der Praxis Rüggeberg ergibt sich allerdings nicht, „dass Dr. Rüggeberg durch seine berufspolitischen Tätigkeiten in der Zeit von 1997 an nennenswerte Nachteile gehabt hat“. Die genehmigte höhere Punkte-Obergrenze habe im Gegenteil ab dem Jahre 2000 zu höheren Praxis-Umsätzen geführt.

Rüggeberg hat gegenüber dem Untersuchungsausschuss Aufwandsentschädigungen für seine diversen Ämter von insgesamt 7.775 Mark angegeben. Die nicht angegebene GfB-Summe hinzugenommen käme er auf Zusatz-Einkünfte von 12.275 Mark im Monat.

Auf der letzten Sitzung hat der Vorstand der KV beschlossen, die arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen mit der Justitiarin der KV fortzuführen. Die Justitiarin hatte in einer internen Vorstandssitzung auf die Rechtswidrigkeit der Zusatz-Punkte für Rüggeberg hingewiesen und wenige Tage später ihre fristlose Kündigung auf dem Tisch.

Die KV will die unbequeme Frau offenbar immer noch loswerden, obwohl der Untersuchungsbericht des Verwaltungsgerichtspräsidenten Kuhlmann ausdrücklich feststellt, sie habe in der Sache Recht gehabt. Derzeit betreibt die KV ein Kündigungsverfahren in zweiter Instanz. Seit dem vergangenen Frühjahr ist sie gegen die Justitiarin mit fünf fristlosen und vier fristgerechten Kündigungen vorgegangen. Dazu kommen sechs Abmahnungen, die aber alle in den Kündigungsbegründungen keine Rolle gespielt haben. Klaus Wolschner