Werbung für den Arsch

Der TV-Sender RTL und die Toilettenpapierfirma Zewa haben sich gesucht und gefunden

Für das Wort „Po-Favorit“ möchte man die Texter gern Wochen lang übers Knie legen

Zu welchem Zweck GOtt die Reklame-, Marketing- und Promotion-Profis erschaffen hat, wusste bis heute allein ER. Sie säen nicht, sie ernten nicht, und die Sushi-Bar ernährt sie doch. Keiner braucht sie, niemand kann sie leiden, und so sie den Mund auftun, fallen Wörter heraus wie „creative multitasking“ oder „printmediales Branding“ oder „crossover-taktische Enduser-Penetration“, und wer diese Wörter aufhebt, dem faulen die Hände ab.

Jetzt hat das internationale Schmierlappentum in seinem Kampf gegen die Menschheitswürde endlich ein Niveau der Schamlosigkeit erobert, unter dem nichts mehr ist als das Nichts. Die Propaganda ist ganz bei sich angekommen, der Schleier der Maja fällt, und wir sehen – er war bloß ein Klowisch: „Zewa Toilettenpapier und RTL WORLD suchen Deutschlands schönsten Po“, schreit eine Pressemitteilung von RTL vom 13. März. Und die Jeschenko MedienAgentur Köln, die für den nachstehenden Text verantwortlich zeichnet, legt sowas von los, dass es in der Hose qualmt. „Rund und knackig, so soll er sein. Die Rede ist vom Po!“ Und nicht von der Bockwurst, zu der die Sau verarbeitet wurde, der es vor so viel Schweinsgerede eigentlich grausen sollte.

„Die Hinterteile von Jennifer Lopez und Brad Pitt liegen derzeit schwer im Trend – zumindest in den USA. Doch was ist mit den deutschen Popos? Können die sich ebenfalls sehen lassen?“ Kein Zweifel – die Jeschenko-Fuzzis denken nicht nur, sie dichten auch mit dem Arsch: „Toilettenpapier-Spezialist Zewa und RTL WORLD gehen genau dieser Frage nach. Unter dem Motto ‚Unglaublich, aber Zewa … Deutschlands schönster Po’ startet am 8. April 2002 unter www.RTL.de der ultimative Po-Wettbewerb.“ Das Ultimatum richtet sich an alle Eingeborenen: „Geschlecht und Alter spielen keine Rolle – wer das eigene Hinterteil für attraktiv hält, schickt einfach ein Foto ein und stellt sich dem Internet-Voting.“ Und achtzig Millionen Menschen stehen vor dem Garderobenspiegel, um ihre Backen auf Zelluloid zu packen. Die Vorstellung bereits genügt für einen Brechreiz, den ein kompletter Tag RTL-Gucken nicht erzeugen könnte. „Sechs Wochen lang kann in einer ‚Top- oder Flop-Galerie’ der Po-Favorit gewählt werden.“ Für das Wort „Po-Favorit“ möchte man die Texter-Fuzzis sehr gern sechs Wochen lang übers Knie legen. „Am Ende winkt sowohl dem schönsten Männer- als auch Frauen-Po jeweils ein Geldpreis in Höhe von 2.500 Euro.“ Wenig Geld für viel Selbsterniedrigung. Aber die Trostpreise sind noch degoutanter. „Und für alle auf die Plätze 4-10 gewählten Popöchen stiftet Zewa jeweils einen Jahresvorrat an unwiderstehlich weichem Zewa Moll Toilettenpapier.“

Die unwiderstehlich weichköpfige Idee, kein Zweifel, lässt sich ausbauen und vertiefen. „Eiter preferred … Hansaplast und Sat.1 suchen Deutschlands schönste Schramme.“ Oder: „Küssen verboten … Clearasil und Bravo-TV suchen Deutschlands schönste Pickelfresse.“ Bzw.: „Lunge, Lunge … Marlboro und Pro Sieben suchen Deutschlands schönsten Raucherhusten. Sechs Wochen lang können die aufregendsten Keuchattacken als mp3-Files downgeloadet werden.“ Unglaublich? Aber Zewa.

Mein lieber Großvater setzte in seinen letzten Jahren Hoffnung auf den „großen Arsch, der sich einst am Himmel zeigen wird, um alles zuzuscheißen“. Er starb, ehe sein Wunsch erfüllt ward. Uns aber ist es vergönnt, mitzuerleben, wie der Weltgeist sich Zewa und RTL greift, um uns den letzten Zweck und Nutzen des Reklame-Unwesens vor- und dabei zugleich die Apokalypse im Sinne meines Ahnen durchzuführen. Denn dies sei der Untergang der Welt: ein Requiem in Zewa Moll. GERT OCKERT