Volksaktionäre werden abgestraft

Erstmals in ihrer Geschichte will die Deutsche Telekom die Dividenden kürzen. Nachdem der Börsengang der Tochter T-Mobile verschoben wurde, muss sie dringend sparen. Einkaufen geht sie trotzdem: Diesmal steht die Cesky Telecom auf der Liste

von NICK REIMER

Die Deutsche Telekom will die Cesky Telecom schlucken. 2,4 Milliarden Euro soll das 51-prozentige Aktienpaket laut der tschechischen Zeitung Hospodarske noviny kosten. Diese Nachricht interessierte gestern kaum jemanden. Denn parallel dazu kündigte Vorstandschef Ron Sommer an, erstmals in der Geschichte der „Volksaktie“ die Dividende zu kürzen – als Sparmaßnahme. Der geplatzte Verkauf des Kabelnetzes hat der Telekom gerade einen Einnahmeausfall in Höhe von 5,5 Milliarden Euro beschert.

Noch in der vergangenen Woche hatte Sommer das Schuldenabbauprogramm von gut 15 Milliarden Euro bekräftigt. Danach sollte das Minus bis Ende 2002 auf 50 Milliarden Euro abgebaut werden. Dafür allerdings wäre ein erfolgreicher Börsengang der Tochter T-Mobile im Sommer nötig gewesen. Seit Montag ist das Programm nun beerdigt: Der Börsengang ist auf unbestimmte Zeit verschoben.

Die Dividendenkürzung von 0,62 Euro im Vorjahr auf nur noch 0,37 Euro bringt der Telekom etwa eine Milliarde Euro Ersparnis, die sie bitter nötig hat: Analysten bescheinigen ihr, nicht mehr über genügend freie Finanzmittel (free cash flow) für eine Auszahlung auf Vorjahresniveau zu verfügen. Fragt sich, woher das Geld für den Einkauf in Tschechien kommen soll.

„Aus Sicht der Kleinanleger ist das Image der Volksaktie nun endgültig ramponiert“, urteilt Telekom-Analyst Hans Huff von der Bankgesellschaft Berlin. Großanlegern sei dagegen seit längerem klar, wie „schlecht es um die Cash-Position der Telekom“ steht. Für Knut Müller von Commerz Asset Management kommt weder die Kürzung noch der verschobene Börsengang überraschend: „Beide Damoklesschwerter über den Aktien sind nun entfernt.“ Kurzfristig sei das Papier aber weiter unter Druck. Raj Karia, Telekom-Analyst bei Canaccord in London, rechnet mit einem Kurssturz der Aktie auf 15,50 bis 15 Euro.

Die 50-Milliarden-Schulden-Marke soll nun Ende 2003 erreicht werden. Bis dahin droht die Telekom in ihrer Kreditwürdigkeit herabgestuft zu werden. Analysten rechnen mit erhöhtem Zinsaufwand von bis zu 120 Millionen Euro pro Jahr .

Aufsichtsrat und Hauptversammlung müssen Sommers Vorschlag noch billigen, also auch der Bund, der mit rund 43 Prozent größter Telekom-Aktionär ist. Das Finanzministerium gab sich gestern gelassen. Eine „nicht zu kommentierende Unternehmensentscheidung“, nannte ein Sprecher die Ankündigung: „Wir haben den Haushalt so ausgelegt, dass uns eine Dividentenkürzung nicht in Schwierigkeiten bringt.“ (mit rtr)

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