Mit massenmedialer Verstärkung

Am Sonntag zeigt das Kino Arsenal zur Ausstellung des Deutschen Historischen Museums die kontroverse TV-Serie „Holocaust“

„Holocaust“ – Vorführung aller vier Teile der Fernsehserie (in der deutschen Fassung) mit Diskussion im Kino Arsenal, Potsdamer Straße 2, am Sonntag, 24. März, ab 12 Uhr

Ein „TV-Ereignis“, wie man heute sagen würde, „bewegte die Nation“. Als „Holocaust“ von Marvin Chomsky 1979 in der Bundesrepublik ausgestrahlt wurde, lag die Einschaltquote bei 39 Prozent, die Zuschauerzahl umfasste ein Publikum von über 20 Millionen. Dabei war „Holocaust“ nach monatelangen Querelen innerhalb der ARD-Programmdirektion noch ins Regionalfernsehen abgeschoben worden, um einer schon befürchteten Kontroverse an Einschlagskraft zu nehmen; doch bewirkte die Serie auch unter diesen Ausstrahlungsmodalitäten eine Resonanz, mit der niemand gerechnet hätte, und löste nach über drei Jahrzehnten wissenschaftlicher, literarischer und juristischer Aufarbeitung der jüngsten deutschen Vergangenheit die erste wirklich gesamtgesellschaftliche Diskussion über die nationalsozialistische Judenverfolgung aus.

Neben der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte stand das Format der Serie selber im Mittelpunkt der Debatte, und in gewisser Weise nahm „Holocaust“ schon Teile des Streits um Steven Spielbergs „Schindlers Liste“ vorweg – es stellte sich die Frage nach der Darstellbarkeit des Holocaust mit den Mitteln einer Hollywoodproduktion, die die Geschichte an der Erzählung von Einzelschicksalen festzumachen versucht. So sprach etwa der Spiegel von einem „schlimmen Reißer“, der den nationalsozialistischen Genozid auf ein rührseliges Bonanza-Format einstampfen würde. Damals wie heute lautet die ungelöste Frage: Auf welche Weise kann, darf oder muss an den Holocaust erinnert werden, zumal unter Bedingungen massenmedialer Verstärkung?

Im Rahmen der Ausstellung „Holocaust – der nationalsozialistische Völkermord und die Motive seiner Erinnerung“ des Deutschen Historischen Museums zeigt das Kino Arsenal am Sonntag in einer gut neunstündigen Vorführung alle vier Teile der Serie. Zur Diskussion dabei sein wird auch der damalige WDR-Programmleiter Günther Rohrbach, der Chomskys Serie im Vorfeld ihrer Ausstrahlung als „Trivialfilm voller Simplifizierungen“ bezeichnete und nun „Holocaust“ und seine Resonanz aus heutiger Sicht bewerten wird. Es wird also um die Erinnerung nicht nur des Holocaust gehen, sondern auch um die einer bestimmten medialen Form der Erinnerung selber. ARW