■ Urdrüs wahre Kolumne
: Ganz ganz schlimme Worte

Freudig sehen der internationale Drogenhandel und die Dosenmafia mit ihren Energy-Drinks der Bremer Version der Love Parade entgegen, und die voyeuristischen Kodak-Opas putzen ihre Objektive, um den universellen Tittenbär massenhaft von den mit Ludernachwuchs gesponserten Festwagen abzulichten. Dies alles und noch viel mehr verdanken wir dem hochwohllöblichen Senat, und wenn denn auch noch durchgeknallte Abzappler aus diesem oder jenem Grunde zerquetscht, zerstochen oder zusammengeschlagen werden, ist das schließlich nur ein kleines Opfer für die Prosperität des Tagestourismus: bescheuert oder was? In jedem Fall wird unser Dorf mit Straßenbahn dabei nicht schöner, aber wieder mehr nach Pisse stinken.

Bei der Großkundgebung der IG-Metall vorm Bremer Hilton habe ich mir erlaubt, die herzlichen Grüße von Bürgermeister Henning Scherf auszurichten und seine Bitte, nicht sechs sondern 60 Prozent Lohnerhöhung zu verlangen. Ohne so einen Schluck aus der Pulle macht sein arbeitnehmerinnenfeind-licher Vorschlag für den verkaufsoffenen Sonntag als Regelfall ja überhaupt keinen Sinn: Ansonsten möchte ich den Bruder Kirchensenator ganz herzlich an die Heiligung des Sonntags erinnern und an das Jesuskindlein, das die Händler und Wucherer ganz brutal mit dem Knüppel aus dem Tempel trieb. Dem Harten hart, dem Zarten zart!

Ein dunkelgelockter Knabe von höchstens acht Jahren rief auf dem Marktplatz einem etwa gleichaltrigen Mädchen ganz ganz ganz ganz schlimme Worte nach, die alle irgendwie mit F und V begannen und in ihrer Abfälligkeit noch durch blöd und dumm und scheiss verstärkt wurden. Der rüde Ton weckte selbst in mir den Pädagogen und ich sprach den daraufhin ziemlich verdatterten Burschen mit barschen Worten darauf an. Worauf das kleine Mädchen beschwichtigend erklärte: „Ach der kann doch gar nicht richtig Deutsch, das ist bei dem nicht so schlimm, der weiß gar nicht, was er sagt ...“ Eine beeindruckende Lektion in Souveranität, wie ich meine.

Hauptschriftleiter Axel meldet kürzlich auf dem Titelblatt des Anzeigenblatts Weserreport, dass sein Herrchen nunmehr mit der Ticketbude CTS „den Weltmarktführer als Partner anpeilt“ und verkündet einigermaßen hämisch: „Eine enge Zusammenarbeit zwischen dem weltgrößten Entertainment-Vermarkter und CTS Eventim dürfte sich auf den deutschen CTS-Konkurrenten quivive auswirken.“ Eine komplette Missachtung der alten Mafiaregel, dass man auch im Triumph über monopolistische Bestrebungen des eigenen Syndikats öffentlich schweigt. Wenn das mal nicht mit Beton annen Füßen endet ... Im übrigen würde es mich interessieren, ob irgendwelche der total versauten Nummern aus der Nullhundertneunziger-Ecke des hauseigenen Kleinanzeigenteils in Synergienutzung vom KPS-Callcenter selbst betrieben werden. Der Seitensprung mit verheirateten Frauen? Das Parkplatz-Dating oder die gelangweilte Millionärsgattin auf der Suche nach Stecher für Freizeit-Treffs? Oder am Ende doch nur die Faxabfrage zur Samenspende als diskreter Nebenverdienst? Um Hinweise aus dem Herzen der Bestie bittet Ulrich
„Frühlingsbote“ Reineking