Elternwahl hat ihre Grenzen

Schulbehörde „informiert“ über Richtwerte für Grundschul-Klassen  ■ Von Kaija Kutter

Gerade erst wurde öffentlich, dass Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) von der Wahl der Berufsfreiheit nicht viel hält. Seine Behörde lässt fünf Fachhochschulen (FOS) und zwei Berufsfachschulen schließen und empfiehlt den über 700 Bewerbern stattdessen eine Lehre. Gestern nun wurde bekannt, dass möglicherweise auch die Wahlfreiheit der Eltern für Grundschulen eingeschränkt wird.

Die gibt's zwar nur im Ausnahmefall. Doch laut Koalitionsvertrag soll es Eltern erlaubt sein, die Grundschule für ihre Kinder frei zu wählen. Ein Schreiben der Behörde legte in Schulleiterkreisen die Befürchtung nahe, dass nun faktisch das Gegenteil geschieht. So werden die Schulen ermahnt, von der Richtfrequenz von 26 Schülern pro Klasse um nicht mehr als zehn Prozent abzuweichen. Dies bedeutet, dass es eine Klasse mit 23 oder 29 Erstklässler nicht geben dürfe. Die Folge, so fürchten die Schulleiter: Nicht mehr, sondern bis zu 25 Prozent weniger Eltern bekämen ihren Antrag bewilligt, ihr Kind an einer anderen Schule anzumelden.

Für Grundschulkinder gibt es nach Wohnorten aufgeteilte Schulgebietsgrenzen. Davon abzuweichen ist bisher möglich, wenn Kinder beispielsweise in der Nähe ihrer Kita oder Tagesmutter eingeschult werden sollen. Da es jedoch auch schulorganisatorische Probleme gibt, kamen in vergangenen Jahren nur etwa 90 Prozent der Anträge durch.

Auch in diesem Februar wurden wie bisher rund 2200 Anträge gestellt. Ob sie bewilligt werden, wird den Eltern aus organisatorischen Gründen erst im April mitgeteilt werden.

Schulbehördensprecher Hendrik Lange ist sich dennoch sicher, dass es bei der Anerkennungsquote von 90 Prozent bleibt. Die Behörde, so Lange zur taz, habe die Schulen lediglich „darüber informiert, dass trotz Flexibilität entsprechende Richtfrequenzen nicht überschritten werden dürfen“.

„Keinen neuen Sachstand“ trotz heftiger Proteste gibt es in der Frage der Fachoberschulen. Die Behörde bleibt dabei, dass Handwerk und Handel über 1000 Lehrstellen für die Schüler parat halten. „Bei uns rufen viele Eltern an, die total verzweifelt sind“, berichtet dagegen GEW-Sprecherin Anna Ammonn. Abgesehen davon, dass sich diese Jugendlichen „bewusst“ für eine Weiterqualifizierung auf einer Fachoberschule entschieden hätten, sei die Auswahl auf dem Lehrstellenmarkt „äußerst eng“. Ammonn: „Das, was auf der Home-page der Handwerkskammer zu finden ist, sind unattraktive Berufe wie Fleischverkäufer oder Gebäudereiniger.“ Bei den attraktiveren Berufen wie Augenoptiker kämen hingegen auf vier Plätze 25 BewerberInnen.