Anstößiger Meilenstein

■ Hamburger Reaktionen auf Bundesratsbeschluss zur Zuwanderung

„Mutig und klug“ und „gut für Hamburg und für Deutschland“ (SPD) – oder „klarer Verstoß gegen die Verfassung“ und „Chance vergeben“ (CDU): Die Reaktionen der Hamburger Parteien auf die gestrige Zustimmung des Bundesrates zum Zuwanderungsgesetz (siehe S. 1, 3, 4 und 12) sind kontrovers wie zu heißesten Wahlkampfzeiten. Dazwischen versuchen Einwandererverbände und die Ausländerbeauftragte differenzierte Bewertungen.

Am wildesten schäumt CDU-Landesvorsitzender Dirk Fischer: Die Abstimmung sei „parteipolitisch manipuliert“ worden und müsse verfassungsrechtlich überprüft werden. Auch Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sprach von einer „rechtlich äußerst umstrittenen“ Entscheidung: „Jetzt haben es die Wähler in der Hand, ihre Auffassung bei der Bundestagswahl deutlich zu machen.“ Das Gesetz werde in der jetzigen Form „den Interessen Deutschlands nicht gerecht“.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Uwe Grund hingegen wirft von Beust vor, Hamburg habe „gegen die Interessen der Stadt“ das Gesetz nur abgelehnt, „um dem CSU-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber einen Gefallen zu tun“. Der Beschluss sei „ein Sieg der Vernunft“ – verloren habe nur die CDU. Auch der SPD-Landesvorsitzende Olaf Scholz lobt die Zustimmung von Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe als „mutig und klug“. Und die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der GAL, Christa Goetsch, sieht in dem Gesetz einen „Meilenstein in der Geschichte Deutschlands“.

Das sehen die Betroffenen weniger euphorisch: Die Türkische Gemeinde Deutschland teilt zwar die Ansicht, dass das „Tabu, dass Deutschland kein Einwanderungsland sei“, gebrochen wurde. Dennoch, so der Hamburger Vorsitzende Hakki Keskin, bringe das Gesetz „den in Deutschland lebenden Einwanderern keinerlei verbesserte Rahmenbedingungen für ihre Integration“.

Ähnlich differenziert, wenn auch im Gesamttenor positiver, äußert sich die Ausländerbeauftragte des Senates, Ursula Neumann. Sie betont, dass im Flüchtlingsbereich noch „erhebliche Verbesserungen“ an dem Gesetz notwendig seien. Zugleich fordert Neumann die Stadt auf, nun die Kürzungen bei den deutsch-ausländischen Begegnungsstätten zurückzunehmen. taz