Ab ins Testbett

■ In Bremen soll im April das UMTS-Testprojekt „eMotion“ an den Start gehen. 3,8 Millionen Euro Fördergeld liegen in Brüssel bereit.

„Bremen mischt ganz vorne mit“, freut sich Michael Hasemann von T-Systems. Die Bremer Telekom-Tochter mit 580 Mitarbeitern ist federführend bei dem Projekt „eMotion“, das auf der Grundlage des neuen Mobilfunks UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) „in Notfallsituationen helfen soll“, so Hasemann. UMTS-Zukunftsmusik auf Bremisch: „Vorstellbar sind neben Videoübertragung auch Sensoren in Helmen von Feuerwehrmännern, um vor Ort Rauch- oder Strahlenbelastung zu messen“, erklärt Hasemann den Einsatz der breitbandigen Kommunikationstechnologie. Aufgrund der schnellen Datenübertragung vom Brandort könne die Leitstelle „ihre Brandbekämpfung optimieren“. Auch die Vision einer „Teleambulanz“ schwebt Hasemann vor: „Der Sanitäter kann dann bereits am Unfallort die Krankenhausdatenbank nach medizinischen Informationen zum Unfallopfer abfragen“. Wie es bei einem solch gläsernem Unfallopfer neben Blutwerten oder Herzproblemen mit Datenschutz stehe, müsse an anderer Stelle entschieden werden, so Hasemann.

„Das Projekt ist symbolkräftig“, versichert Dirk Petrat vom Ressort für Wirtschaft und Häfen, „vor zwei Jahren war das hier IT-Niemandsland, heute ankern in Bremen die großen Schiffe“. Die großen Schiffe, das sind die Projektpartner mit Namen wie T-Mobile, Siemens, Microsoft und OHB-Teledata. Global Player, die regional für Konjunktur sorgen sollen, „wirtschaftliche Prognosen gibt es nicht“, räumt Petrat ein, erwartet jedoch „positive Auswirkungen für den Mittelstand“.

Bereits im Juni soll „eMotion“ dafür sorgen, dass in Bremen mobile Kommunikation der dritten Art funktioniert. Kompatibiläten über die Landesgrenze hinaus in andere Netze sollen bis in die Niederlande getestet werden. Das paneuropäische Projekt fördert die Eurpoäische Union mit knapp 3,8 Millionen Euro etwa zur Hälfte - sobald die Verträge in Brüssel unterschrieben sind. Strittig sei derzeit noch, ob die Firmen im Konsortium einzeln oder gemeinsam unter Vertrag genommen werden, so Hasemann. Fördergelder vom Land Bremen gebe es nicht.

Ziel des für 18 Monate geförderten Projekts ist ein funktionsfähiges UMTS-Netz, doch vorläufig muss ein GPRS-Testbett die technologische Lücke füllen. GPRS (General Packet Radio System), seit etwa einem Jahr in einigen deutschen Ballungsräumen verfügbar, dient als Zwischenlösung auf dem langen Weg zu UMTS. Erst im 13ten Projektmonat hat „eMotion“ ein UMTS-Szenario für Bremen angekündigt. „Brüssel hatte die Hoffnung in Bremen den UMTS-Normalfall zu üben“, begründet Professor Bernd Hirsch vom Bremer Unversitäts-Institut für Betriebstechnik und angewandte Arbeitswissenschaften (BIBA) den Projektzuschlag an die Hansestadt. „Das ist heute ein wenig optimistisch, denn noch sind Endgeräte für das Testen konkreter Anwenderszenarien rar“, so Hirsch. „Alles ist jung und sehr im Fluss“. Das an „eMotion“ beteiligte BIBA soll gemeinsam mit der Bremer Feuerwache 5 ein Konzept für mobiles Fire-fighting entwickeln. „Welche Informationen helfen dem Mann an der Spritze, welche dem an der Pumpe, und wie wird dies koordiniert“, das sind die Fragen, auf die die Forscher antworten wollen. Auch als Logistikstandort biete Bremen einen günstigen Projektrahmen. „Denn hier kreuzen sich mobile Prozesse, und die sind nur dann effizient, wenn vorauseilende Informationsprozesse mitlaufen“, sagt Hirsch, und im Klartext: „UMTS wird das Leben leichter machen, wenn das Zeug erstmal funkt“.

Bremen liegt nicht allein mit UMTS im Testbett: In mehreren deutschen Städten laufen Funk-Versuche: Vodaphone D2, einer der sechs deutschen Lizenzinhaber für UMTS, meldete den Testbetrieb für Teile Münchens, Düsseldorfs und Berlins. In Hannover sorgten während der Cebit UMTS-Netze auf dem Messegelände und in der Innenstadt für 384 Kilobit Datenübertragung pro Sekunde - mit Vorführgeräten, die es noch nicht im Laden gibt. Bis auf Vodaphone, das bereits im Herbst den kommerziellen Start mit UMTS in deutschen Ballungszentren plant, verweisen die übrigen Betreiber eher zaghaft auf 2003. Auch die Handy-Hersteller haben erst für das dritte Quartal 2002 die ersten UMTS-fähigen Mobiltelefone für Europa angekündigt. 200 mal schneller als bisher sollen die Daten dann strömen. Doch ob, wo und für welchen Preis die von der Branche versprochenen 2 Megabyte Datenfluss pro Sekunde auf Handys übertragen werden können, ist heute noch fraglich. Fraglich bleibt derweil auch, mit welchen Endgeräten „eMotion“ in Bremen den Notfall managen will.

Daniel Satra