Bissi entschädigen

Was Scharping an Ausgleich verspricht, wird bei den „Radarsoldaten“ nicht gehalten. Nur acht Fälle anerkannt

BERLIN taz ■ Eine großzügige Entschädigung von Strahlenopfern unter Soldaten wird es offenbar nicht geben. Dem Verteidigungsministerium liegen zwar fast 2.000 Anträge von Angehörigen der Bundeswehr auf Schadenersatz und Schmerzensgeld vor – aber nur acht Soldaten sind bislang als wehrdienstbeschädigt anerkannt worden. Alle anderen der bisher bearbeiteten 486 Anträge wurden abgelehnt. Das teilte Verteidigungsstaatssekretär Walter Kolbow (SPD) mit.

Kolbow korrigiert damit de facto ein Versprechen seines Dienstherrn, Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD). Er hatte im Sommer zugesichert, Strahlenopfer schnell und großzügig zu entschädigen. Kolbow präzisierte Scharping nun, die Entschädigung müsse sich „an rechtlichen Gegebenheiten“ orientieren. Kolbow meinte, das Versprechen Scharpings sei damit nicht gebrochen.

Viele der Betroffenen sehen das anders. Wie berichtet, werden die Berliner Rechtsanwälte Reiner Geulen und Remo Klinger, die 750 Soldaten oder deren Angehörige vertreten, das Verteidigungsministerium auf Entschädigungsgelder von mehr als 100 Millionen Euro verklagen. Ihre Position: Die Bundeswehr habe seit 1958 von den Risiken der Strahlenbelastung gewußt, Radargeräte aber dennoch erst Mitte der 80er-Jahre mit Schutzvorrichtungen ausgerüstet.

Falls das Verteidigungsministerium vor Gericht Recht behält, ist das besonders bitter für ehemalige Soldaten der NVA: Anspruch auf Schadenersatz besteht bei ihnen nur bei vorsätzlicher Schädigung. Für vorsätzlich begangenes Unrecht von DDR-Institutionen aber haftet die Bundesrepublik nicht, wie der Sonderbeauftragte Radar im Ministerium, Ulrich Birkenheier, erklärte. Die Folge: NVA-Angehörige bekommen in keinem Fall Schmerzensgeld. BETTINA GAUS