Schlechte Stimmung

■ Erstmals werden auf der Straße lebende Menschen über ihre soziale Lage befragt

Obdachlose leben größtenteils im Verborgenen, über ihre soziale Situation ist kaum etwas bekannt. Um das zu ändern, werden jetzt im Auftrag der Hamburger Sozialbehörde und der Wohlfahrtsverbände in 117 Einrichtungen der Hansestadt Obdachlose befragt. Bei der Umfrage handelt es sich um die bislang umfangreichste ihrer Art in der Bundesrepublik.

Im Frühjahr 1996 hatte Hamburg schon einmal eine Vorreiterrolle eingenommen. Damals wurden 1204 Menschen gezählt, die auf der Straße lebten. Während die Behörde momentan von rückläufigen Zahlen ausgeht, rechnet Stephan Karrenbauer von Hinz & Kunzt damit, dass die Erhebung eine deutlich gestiegene Zahl obdachloser Menschen ergeben wird: „Die Innenstadt ist zwar leerer geworden“, so der Sozialarbeiter, „aber die Menschen sind ja nicht verschwunden, sondern nur in andere Stadtteile abgewandert.“

„Die Leute sind verunsichert“, bestätigt der Caritasverband. Infolge der öffentlichen Diskussion über die „Sauberkeit“ der Stadt und vermehrter Auseinandersetzungen mit Sicherheitsdiensten herrsche unter den Obdachlosen in der City derzeit schlechte Stimmung. Wer jedoch die zentralen Plätze verlässt, wird für die sozialen Einrichtungen schwerer erreichbar. Dezentrale Einrichtungen müssen zudem erstmal neues Vertrauen aufbauen.

Von der aktuellen Befragung erhoffen sich die Wohlfahrtsverbände Rückenwind für eine Verbesserung des Angebots. So hat sich der Caritasverband erfolgreich dafür eingesetzt, dass auch der Gesundheitszustand der Obdachlosen erfragt wird. Die Ergebnisse der Studie sollen in zwei bis drei Monaten veröffentlicht werden. sos