Hickhack um arbeitslose Kids

■ Arbeitslose werden in den kleinen, dezentralen Einrichtungen besser beraten – findet die CDU und will, dass das Arbeitsamt dafür Mittel rausrückt

Frau Dreyer ist sauer. Die arbeitsmarktpoltische Sprecherin der Bremer CDU will „Politik für die Menschen machen“. Und das Arbeitsamt tut genau das nicht, glaubt Brigitte Dreyer.

Während sich die unabhängigen Berufsberatungsstellen zur Zeit um 750.000 Euro aus dem beschäftigungspolitischen Aktionsprogramm streiten, bunkert das Bremer Arbeitsamt fast zweieinhalb Millionen Euro aus dem Jugendsofortprogramm. So zumindest die Version der CDU-Politkerin.

Anfang dieser Woche verabschiedete die bremische Deputation für Arbeit mit den Stimmen von SPD und CDU eine Vorlage, nach der die Bremer Arbeit GmbH (bag) ab sofort einen Wettbewerb auschreiben kann, in dem sich die Jugendberatungsstellen, die Berufsberatungen für Frauen und auch die unabhängigen kleinen Beratungsstellen um Geld für das laufende und das nächste Jahr bewerben können. Die bag – sie verwaltet und vergibt die Mittel für das Ressort – will damit für mehr Transparenz und verbindliche Arbeitsaufträge sorgen.

„Mit Ach und Krach reicht das Geld, um die bestehende freie Beratungsstruktur aufrecht zu erhalten“, sagt Martin Lühr von der AGAB. Die Waller Beratungsstelle arbeitet in einem der Brennpunkte bremischer Arbeitslosigkeit. Auch für die Jugendberatungen könnte es knapp reichen. Die BRAS, Träger von zwei hochgelobten Beratungsstellen im Findorffer Jugendzentrum (siehe Interview), hofft, mit den ausgeschriebenen Mitteln das bestehende Angebot aufrechterhalten zu können. Für Brigitte Dreyer ist das zu wenig.

Um ein politisches „Bekenntnis“ zur freien Beraterszene zu bekommen, hat Dreyer jetzt eine Anfrage an den Senat gestellt. „Diese Einrichtungen machen doch sehr gute Arbeit. Und sie erreichen die Leute viel besser als das Arbeitsamt!“ Schuldner, Schulschwänzer, psychisch angeknackste Menschen – nach Dreyers Ansicht schaffen diese Leute es oft nicht bis in die großen, zentralen Beratungsstellen.

In den kleineren ist die Grenze zwischen Berufsberatung und Lebensberatung fließend. Martin Lühr beschreibt den Unterschied: „Wir beraten quer zum staatlichen Leistungssystem und wir gucken von den Leuten aus.“ Die schiere Orientierung auf den Arbeitsmarkt hin, die sowohl im Arbeitsamt als auch in den neuen Sozialzentren die Beratung dominiert, sei langfristig oft nicht die richtige Lösung. Beispiel: Jugendliche weren auf einen Ausbildungsplatz vermittelt und merken nach kurzer Zeit, dass er weder ihren Fähigkeiten noch ihren Neigungen entspricht. Außerdem wird die ,Kundschaft' der kleinen Berater umfassend über ihre Rechte innerhalb des Sozialsystems aufgeklärt – ein Service, den man bei den großen nicht unbedingt erwarten könne.

Das Bremer Arbeitsamt wehrt sich gegen die Vorwürfe der CDU: Dass jetzt Mittel aus dem Jugendsofortprogramm noch nicht ausgegeben würden, sei völlig normal. Das Amt müsse übers Jahr flüssig bleiben, begründete Arbeitsamtschef Christian Hawel. Wenn Betriebe Konkurs gingen oder wenn Jugendliche im Herbst noch auf der Straße stünden, müsse spontan Geld bereit stehen. Dreyer kontert: „Wir haben zurzeit fast 4.000 arbeitlose Jugendliche in Bremen. Da brauchen wir keine Probleme erfinden, die wir vielleicht im Herbst kriegen.“ So, wie das Arbeitsamt nach dem Skandal um mangelhafte Vermittlung entschieden hat, Geld an private Vermittler zu geben, so solle es sich auch bei der Frage der Beratung Jugendlicher „freikaufen“.

Bei den Grünen rennt Brigitte Dreyer damit offene Türen ein. Schon mehrfach habe man die Idee, Arbeitsamtmittel mit der Jugendhilfe zu verknüpfen, an das Amt herangetragen – bislang erfolglos. Anja Stahmann, Jugendexpertin bei den Grünen: „Wir brauchen Beratungen wie die in Findorff in jedem Jugendzentrum und jedem Stadtteil.“

Ein Problem sieht auch Hawel: „Zu uns ins Arbeitsamt kommen die Jugendlichen zu spät – oft erst im Alter von 18 oder 19.“ Anfangen müsste man aber in der Schule – in der fünften oder sechsten Klasse. Dafür aber sei nicht nur das Arbeitsamt, das bereits Berufsberater in die Schule schickt, zuständig, sondern in erster Linie der Bildungssenator.

Elke Heyduck