King Kong's Bedeutungsspuren

■ Zwischen den Stühlen und Medien: Die Gesellschaft für Aktuelle Kunst zeigt eine Retrospektive von Peter Friedl

So ein schwarzer Gummibelag, der die Hälfte des Galeriebodens bedeckt, ist irgendwie eine minimalistische Skulptur. Immerhin tun sich unter dem anschmiegsamen Gummi gleich mehrere Böden auf. „Forty acres and a mule“ ist der Titel der Skulptur und ist gleichzeitig ein Slogan, der auf das nicht eingehaltene Versprechen von General Sherman zurückgeht: 2000 befreite Sklaven sollten nach Ende des US-amerikanischen Bürgerkriegs ein Stück Land und einen Esel erhalten.

Der Österreicher Peter Friedl hält nichts davon, „ein Kunstwerk möglichst direkt über die realisierte Form wahrzunehmen“. Sein Anspruch ist, „das Diktat der Visibilität zu überwinden“, ohne ins Textuelle auszuweichen. Das macht es dem Besucher der Retrospektive, die in Zusammenarbeit mit dem Casino Luxembourg und dem Institute for Contemporary Art in Capetown entstand, nicht gerade leicht. Die visuellen Angebote sind spröde und für eine Werkschau nicht gerade zahlreich.

Der kontextversessene Friedl nutzt die Gelegenheit, seine künstlerische Vergangenheit und das Genre der Retrospektive zu befragen, weshalb die Kuratorin Eva Schmidt von einer „Gesamtinstallation Retrospektive“ spricht.

Die Plakatserie „The Power of Display“, 2001 erinnert in einzelnen Aufnahmen an frühere Arbeiten des 42-Jährigen. Etwa an die „Bremer Freiheit“, 1998. Dem Auftrag nach Kunst im öffentlichen Raum folgte der documenta-Künstler, indem er drei Paar maßgefertigte Schuhe für sich und die beiden Kuratoren anfertigen ließ. Zugleich stellen die Tableaus auch Fragen nach den Möglichkeiten und Bedingungen des Katalogisierens und Repräsentierens. Sie behaupten und entkräften zugleich die Vorstellung vom „Werk“.

Die Möbelobjekte “Peter“, 1999/2001 und „Vakverrotting“, 2000 suchen die reflektorische Lücke zwischen funktionalem Design und autonomen Kunstwerk. Die Aluminiumtische „Peter“ mit farbigen Resopaloberflächen orientieren sich an der Universalität von Tapeziertischen. Egal ob fliegender Händler oder politischer Aktionsstand, sie kommen überall zum Einsatz.

Ebenso im GAK: Während Modell „Peter“ mit weißer Oberfläche seine Funktionalität allein in seiner ästhetischen Präsenz erfüllt, steht auf dem orangefarbenen Modell ein schickes I-Book. Dort lassen sich 100 Fotos der Serie „Playgrounds“ anklicken, die unterschiedliche Kinderspielplätze aus der ganzen Welt zeigen.

Verschiedene Kontexte zusammenzuführen ist eine Spezialität von Peter Friedl. Im Video „King Kong“, 2001 singt Daniel Johnston sein Klagelied vomhässlichen Monster und der schönen weißen Frau. Johnston singt auf einer Parkbank in Sophiatown, Johannesburg, wodurch die Geschichte gleich mehrere Bedeutungsspuren bekommt: King Kong, der Hollywoodfilm, der Boxer und das gleichnamige Musical aus Südafrika.

Ebenso wie die Plakate schwankt die Arbeit zwischen Überdetermination und Dekonstruktion. Auch wenn in diesem Video Text, Bild und Song den Zugang erleichtern, der Anspruch Friedls, „ein Bild hat nur dann einen Sinn, wenn es auf mindestens fünf Ebenen funktioniert“, kann nur eingelöst werden, wenn genügend Hintergrundinformationen greifbar sind. Zum Glück gibt es zur Ausstellung einen gut gemachten Katalog.

Lothar Schmidt

Bis 21. April. Gesellschaft für Aktuelle Kunst, Teerhof 21. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 11 bis 18 Uhr.